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Serbische Kämpfer in der Ostukraine

Nemanja Rujevic16. August 2014

In der Ostukraine kämpfen serbische Krieger an der Seite der Separatisten. Nach Angaben der Belgrader Regierung sind sie nicht die einzigen, die in der Ukraine aktiv sind. Premier Vučić rief sie zur Rückkehr auf.

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Serbische Kämpfer in der Ukraine (Foto: Cetnicki pokret)
Bild: Cetnicki pokret

Der wild wuchernde Bart verdeckt einen Teil seines Gesichts, rustikaler Tarnanzug und Automatikwaffe gehören zu seinem Image: Bratislav Živković ist der Anführer der serbischen Tschetnik-Milizen in der Ostukraine. Der 39-Jährige war noch im März auf der Krim, wo er nach eigener Aussage "das russische Brudervolk verteidigte". Jetzt sorgen er und seine Kameraden erneut für Schlagzeilen: Nach Angaben der prorussischen separatistischen "Volkswehr" der selbsternannten "Republik Neurussland" im Osten der Ukraine haben die serbischen Freiwilligen eine Offensive der ukrainischen Armee nahe Luhansk abgewehrt. Die Separatisten meldeten, dass im Kampf zwei Panzer und weiteres Militärgerät - samt Besatzung - vernichtet worden seien.

Bekanntschaft aus Bosnien-Krieg

Verschiedene Medien berichteten bereits von Russen, Tschetschenen und Kosaken, die als Söldner die prorussischen Kämpfer in der Ukraine unterstützen. Die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti schrieb, es seien sogar zwei "antifaschistische" Freiwillige aus Spanien und einer aus Tschechien dabei. Die Tschetnik-Einheit in der Ukraine bestehe aus insgesamt 46 Kämpfern. Sowohl Russen als auch ein Bulgare seien dabei, sagt Zoran Andrejić, stellvertretender Präsident der serbischen Tschetnik-Bewegung im DW-Gespräch. Er selbst ist in Serbien geblieben, "Kommandant Živković" sei aber an vorderster Front.

Der Anführer der serbischen Tschetnik-Milizen in der Ostukraine, Bratislav Živković (Foto: Cetnicki pokret)
Bratislav Živković will inzwischen nach Serbien zurückkehrenBild: Cetnicki pokret

Unter dem Namen "Tschetniks" kämpften serbische Guerilla-Krieger im Zweiten Weltkrieg, aber auch serbische paramilitärische Truppen bereits in den Jugoslawien-Kriegen der 1990er Jahre.

Andrejić behauptet, seine Kameraden seien Mitte Juli nach Moskau geflogen, um von dort aus humanitäre Hilfe in die ostukrainische Stadt Luhansk zu liefern. "Unsere Männer bekamen an der ukrainischen Grenze Waffen zum Schutz des Konvois. Doch am Flughafen von Luhansk geriet der ganze Konvoi unter heftiges Artilleriefeuer, drei unserer Kameraden wurden verletzt." Deswegen habe man sich entschieden, sich der "Neurussischen Volkswehr" zur Verfügung zu stellen. Andrejić erzählt, die Tschetniks hätten kein Geld für ihren Einsatz bekommen - und auch gar keines gefordert.

Die Tschetniks in Luhansk sind kampferprobt: Viele von ihnen hätten bereits in den blutigen Jugoslawien-Kriegen gekämpft, bestätigt Zoran Andrejić: "Wir haben keine unerfahrenen Jungs in die Ukraine geschickt." Er sagt, viele russische und kosakische Freiwillige hätten damals "serbische Länder verteidigt". Auch der militärische Führer der "Volksrepublik Donezk" Igor Girkin (bekannt unter dem Pseudonym Strelkow) soll im Bosnien-Krieg auf serbischer Seite gekämpft und seine heutigen Tschetnik-Kameraden kennengelernt haben.

Vučić: Söldner auf beiden Seiten

Doch der Belgrader Sicherheitsexperte Zoran Dragišić meint, den Kriegern gehe es viel mehr um Geld als um Ideale: "Es sind Söldner, die man für Kriege weltweit rekrutiert", sagt Dragišić im DW-Gespräch. "Am Anfang des Jahrhunderts zogen sie durch Kriegsfelder in Afrika. Heute sind die Zielgebiete Länder wie Syrien, der Irak oder die Ukraine." Serbien sei ein Exporteur von so genannten "War Dogs". Der Sicherheitsexperte gibt zu bedenken, dass auch reiche Länder wie Deutschland oder die Niederlande Probleme mit "Kriegstouristen" hätten - also könne es nicht an der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Serbien liegen. "Es ist viel mehr Indoktrination, die junge Leute - manchmal fast Kinder - in den Krieg zieht".

99 Prozent der serbischen Kämpfer in der Ukraine seien Söldner, erklärte der serbische Premier, Aleksandar Vučić, auf einer Pressekonferenz in Belgrad. Vučić sagte, es gehe um einige Dutzend, die auf der Seite der Separatisten kämpften, aber auch um einige Dutzend, die für die ukrainische Armee in die Schlacht ziehen würden. Seine Botschaft an sie alle ist eindeutig: "Sie sollen ins Vaterland zurückkehren und sich um ihre Familien kümmern, statt für die Interessen von Dritten zu kämpfen - egal, ob sie für den Kampf 2100 oder 6500 US-Dollar kassieren, je nachdem, auf welcher Seite sie stehen." Zu den Quellen dieser Zahlen und Informationen hat sich der serbische Premier nicht geäußert.

Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vucic (Foto: Reuters)
Premier Vučić: "Kämpfer sollen sich lieber um ihre Familien kümmern"Bild: Reuters

In Belgrad soll im Herbst ein Gesetz verabschiedet werden, das die Teilnahme an einem Krieg im Ausland unter Strafe stellt. Der Gesetzentwurf zielt nicht nur auf serbische Krieger in der Ukraine. Es gibt auch Fälle von muslimischen Bürgern Serbiens, die im Nahen Osten an der Seite der Dschihadisten kämpfen. Bis das neue Gesetz in Kraft tritt, können serbische Söldner aus aller Welt noch in ihre Heimat zurückkehren, ohne Strafen zu befürchten. Auch der Tschetnik Bratislav Živković plant seine Rückkehr - doch er betont, sein Motiv sei, dass er ein baldiges Ende der Kämpfe erwarte. Vor kurzem schrieb er in einem offenen Brief, er wünsche sich ein TV-Duell mit dem serbischen Regierungschef: Dort würde der bärtige Krieger erklären, dass sein Kampf gegen "Nazi-Einheiten in der Ostukraine" berechtigt gewesen sei.