Showtime mit Autobossen
4. Dezember 2018Das Treffen mit den deutschen Autobossen ist eine Veranstaltung ganz nach Donald Trumps Geschmack. Das Show-Format ist bekannt aus der TV-Show "The Apprentice", die Trump lange moderierte, und war Anfang des Jahres auch auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos zu bestaunen.
Da saß Trump und fragte die Chefs großer Konzerne reihum nach ihren Aktivitäten in den USA. Stolz wie Schuljungen, die Reime auswendig gelernt hatten, berichteten die Firmenlenker von Milliarden-Investitionen, neuen Werken und vielen Arbeitsplätzen in den USA.
Selbstdarstellung
Auch die deutschen Automanager haben ihre Hausaufgaben gemacht. Daimler-Chef Dieter Zetsche kann vom Ausbau des Werks in Alabama schwärmen, in das der Konzern eine zusätzliche Milliarde Dollar steckt. Schon jetzt bietet der Standort rund 4000 Arbeitsplätze, mit Zulieferbetrieben sind es 10.000.
Volkswagen-Chef Herbert Diess kann hervorheben, dass VW in den USA Elektroautos bauen will und derzeit auf der Suche nach einem Standort ist. In seinem Werk in Tennessee beschäftigt der Konzern bereits 3500 Menschen, im nächsten Jahr sollen weitere 1000 hinzukommen.
Und wenn BMW-Chef Harald Krüger Lust hätte, könnte er erzählen, dass sein Unternehmen in den USA ein neues Motorenwerk plant, und außerdem daran erinnern, dass BMW sein größtes Werk überhaupt im US-Bundesstaat South Carolina betreibt. Rund 9000 Menschen sind hier beschäftigt, Zulieferbetriebe geben weiteren 12.000 Menschen Arbeit. Doch Krüger wird nicht nach Washington reisen und überlässt die Präsentation seinem Finanzvorstand Nicolas Peter.
Gemeinsam können die Manager auch noch Grüße vom deutschen Branchenverband VDA ausrichten. Insgesamt, betont der VDA, beschäftigen deutsche Autobauer und Zulieferer in den USA 118.000 Mitarbeiter.
Außenwirkung
Trumps Interesse an diesem Treffen ist offensichtlich. Es soll so wirken, als seien die Investitionen und die Jobs nur ihm zu verdanken, dem großen Dealmaker.
Die ganze Veranstaltung sei "nichts als eine pompöse Show des Herrn Trump, um Schlagzeilen zu produzieren", schimpft der US-Ökonom Dennis Snower, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), im Handelsblatt. "Die Konzernchefs haben keine Verhandlungshoheit."
In der Tat können die deutschen Manager nur mit den Schultern zucken, wenn es um die aus US-Sicht unfairen Zölle geht, die in der Europäischen Union für importierte US-Autos gelten. Über Handels- und Zollfragen darf nur die EU-Kommission verhandeln.
Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel macht am Montag deutlich, dass es bei dem Treffen nicht um "irgendwelche Handelsfragen" gehen könne.
Entspannungsübung
Trotzdem sei das Treffen keine schlechte Idee, findet Stefan Kooths, Handelsexperte beim IfW. "Es kann auf jeden Fall nicht schaden, wenn man in Washington miteinander spricht", so Kooths zur DW. Es könnte die "Beziehungen entspannen", wenn die Deutschen der US-Regierung verständlich machen, "dass die Amerikaner keineswegs Opfer des Autohandels sind".
Die Chefs der deutschen Autobauer können auch darauf hinweisen, dass ihre US-Werke das amerikanische Handelsdefizit reduzieren. Jedes fünfte Auto, dass sie dort bauen, wird nach China verkauft.
Nach dem G20-Gipfel am Wochenende in Buenos Aires hatte Trump getwittert, China werde seine Zölle auf US-Autos von derzeit 40 Prozent "reduzieren und abbauen". Eine Bestätigung aus Peking steht noch aus, doch die deutschen Autobosse werden dies sicher als Schritt in die richtige Richtung loben.
Dass China für sie der mit Abstand größte Einzelmarkt ist und viel wichtiger als die USA, werden die Deutschen bei dem Treffen nicht unnötig betonen. Volkswagen verkauft hier 44 Prozent seiner Autos, in den USA sind es nur 6,2 Prozent. Daimler setzt 26 Prozent aller Autos in China ab, BMW 24 Prozent. Der US-Markt macht für beide 14 Prozent aus.
Beschwichtigen oder drohen?
Trotzdem wäre es für die deutsche Autoindustrie ein Horrorszenario, sollte Trump seine Drohung wahr machen, europäische Autos mit Sonderzöllen in Höhe von 25 Prozent zu belegen.
Derzeit wird ein Zoll von 2,5 Prozent fällig, wenn europäische PKW in die USA eingeführt werden. Umgekehrt werden US-PKW in Europa mit zehn Prozent belastet. Trump hat das wiederholt als unfair bezeichnet. Anders sieht es bei Lastwagen und Pick-ups aus. Hier fällt in den USA ein Einfuhrzoll von 25 Prozent an, in Europa sind es 14 Prozent.
Natürlich könnten die Deutschen in Washington versprechen, Trumps Argumente in Berlin und Brüssel noch einmal zur Sprache bringen. Und schließlich beteuern, dass sie selbst am liebsten alle Zölle abbauen würden.
Weil sie daran aber nichts ändern können, könnte die Kernbotschaft der Autobauer eine kaum verhohlene Drohung sein: Solange Strafzölle von 25 Prozent drohen, können die geplanten Investitionen in den USA auch wieder gestrichen werden. Wahrscheinlich wird das nicht so offen gesagt und soll nur zwischen den Zeilen mitschwingen. Aber es wäre eine Ansage, die auch Trump versteht.