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Sicher surfen für Schüler

Michael Hartlep22. Dezember 2013

Fast drei Stunden pro Tag verbringen deutsche Jugendliche im Internet. Doch mit den Risiken der Netzwelt müssen sie alleine klar kommen. Datenschutzunterricht soll jetzt Kompetenzen vermitteln.

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Datenschutzunterricht Gymnasium Leverkusen EINSCHRÄNKUNG
Bild: DW/M. Hartlep

"Guten Morgen, Frau Schubert." Die 24 Schüler der 8. Klasse stehen stramm. Ein normaler Morgen am Freiherr-von-Stein-Gymnasium in Leverkusen. Fast jedenfalls, denn statt normalem Unterricht steht heute eine Einheit Datenschutz auf dem Stundenplan. Das Ziel: Die Jugendlichen sollen lernen, wie sie sicher im Internet unterwegs sind. Denn für Kinder ist das Internet kein ungefährlicher Ort: Es lauern Cybermobbing, Schadsoftware, Abmahnungen, Datenkraken und auch Pädophile.

Vor diesen Gefahren möchten Eltern und Lehrer die Kinder schützen. Deshalb hat die Schule heute Christina Kühnl vom Berufsverband der Datenschutzbeauftragten eingeladen. "Wer von euch ist denn bei Facebook?", fragt die Juristin die Klasse. Fast alle Hände gehen nach oben, auch die von Dennis Kirschner. Obwohl er erst 14 Jahre alt ist, hat er 380 Facebookfreunde. Auch auf bei Instagram und Whats-App ist Dennis aktiv.

Datenkrake Facebook

"Alles, was ihr bei Facebook schreibt, postet und chattet registriert immer auch Facebook", erklärt Frau Kühnl. Und das soziale Netzwerk verarbeite diese Daten auch weiter. Der kleine "Like"-Daumen verrate Facebook sogar, welche Webseiten man anschaut. Die Klasse ist erstaunt, einer murmelt leise "Fuck". Ihr Interesse ist groß am Thema, Frau Kühnl kann sich vor Fragen kaum retten. Auch wenn sie sich im Internet und den sozialen Netzwerken gut auskennen, die Risiken sind den meisten Schülern nicht bewusst.

Fast alle 10- bis 18-Jährigen sind regelmäßig online, hat eine Studie des Branchenverbandes der deutschen Internetwirtschaft ergeben. Dort suchen Kinder und Jugendliche vor allem nach Informationen, schauen aber auch Filme, chatten und hören Musik. Drei Viertel nutzen auch soziale Netzwerke. Ebenfalls in dieser Altersgruppe ganz vorne dabei: Facebook, gefolgt vom inzwischen eingestellten Netzwerk SchülerVZ.

Datenschutzunterricht Gymnasium Leverkusen EINSCHRÄNKUNG
Christina Kühnl vom Berufsverband der DatenschutzbeauftragtenBild: DW/M. Hartlep

Vorsicht beim Posten

"Facebook verdient sein Geld mit euren Informationen", erklärt Datenschutzdozentin Kühnl jetzt. Personalisierte Werbung sei da nur eine Möglichkeit. In den USA gebe es schon Diskussionen, den Zugang zu bestimmten Profilen zu verkaufen. "Manche Arbeitgeber lassen sich sogar von ihren Bewerbern das Facebook-Passwort geben, um einen Eindruck zu bekommen". Die Schüler sind erstaunt. Ist das legal?

Deshalb solle man darauf achten, welche Informationen und welche Fotos man bei Facebook postet. Dennis weiß das schon. Freizügige Bilder und andere Fotos, die einen in Schwierigkeiten bringen können, postet er gar nicht erst. So sieht er kein Problem darin, dass sein Profil für alle offen einzusehen ist. Die Einstellung zur Privatsphäre, auch sie ändert sich offensichtlich.

Der gläserne Surfer

Wozu das führen kann, demonstriert Christina Kühnl mit einem kurzen Film: Ein Mann möchte eigentlich nur eine Pizza bestellen. Doch der Lieferservice kann auf seinem Onlineprofil auch gleich seinen Gesundheitszustand und seinen Kontostand sehen. Deshalb wird ihm eine vegetarische Pizza und er kann nicht mit Kreditkarte zahlen. "All eure Daten können irgendwann mal eine Auskunftdatenbank bilden", erklärt Kühnl dazu.

Iphone Facebook
Smartphone und soziale Netzwerke: Jugendliche verbringen viel Zeit im NetzBild: picture alliance / dpa

Frau Kühnl hastet durch ihre Präsentation: Datenschutz, Cybermobbing, Urheberrecht, informationelle Selbstbestimmung. Es ist ein Rundumschlag über die Risiken, die im Internet lauern. Eine Mischung aus Abschreckung, Satirefilmen und praktischen Tipps soll die Jugendlichen sensibilisieren. Die Schüler nutzen die Gelegenheit und stellen eine Frage nach der anderen. Denn sonst tauchen Internetthemen nur sporadisch in verschiedenen Unterrichtsfächern auf.

Sichere Passwörter

"Wie sicher sind eigentlich eure Passwörter?", fragt Frau Kühnl die Klasse. Sie zeigt: Auch lange Passwörter können heute innerhalb von Minuten geknackt werden. Das Einzige was hilft ist ein langes Passwort, mit Sonderzeichen und Zahlen. Am besten denkt man sich einen langen Satz aus und nimmt dann die Anfangsbuchstaben. Aus "Ich bin ein Fan des 1. FC Nürnberg und besuche alle Heimspiele" wird so das Passwort "IbeFd1FCNubaH". Unknackbar. "Passwörter sind wie Unterwäsche", sagt Frau Kühnl. "Sie sollten lang sein, man sollte sie häufig wechseln und nie mit Freunden teilen." "Wieso soll Unterwäsche lang sein?", fragt ein Mädchen.

Da klingelt der Pausengong. 100 Minuten sind vorbei, Frau Kühnl hat nicht mal die Hälfte ihrer Präsentation geschafft. Aber das macht nichts. "Ich hoffe, dass Freunde, Eltern und Lehrer das weiterführen", sagt Frau Kühnl. "Unser Unterricht kann nur ein Impuls sein zum Umdenken." Zumindest bei Dennis hat das ein bisschen geklappt. Er möchte jetzt keine Filme mehr auf Streaming-Webseiten anschauen, wegen der Trojaner und Viren, die man sich dort holen kann.