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"Polizei ist gut aufgestellt"

Christoph Hasselbach18. November 2015

Deutschland ist bisher ein schweres islamistisches Attentat wie in Frankreich erspart geblieben. Doch was wäre, wenn? Wäre die Polizei überfordert? Der Sicherheitsexperte Frank Fiedrich ist vorsichtig optimistisch.

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Stark bewaffneter Polizist (Foto: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte)
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

DW: Herr Fiedrich, nach den Anschlägen von Paris und Warnungen in Deutschland stellt sich die Frage, wie gut die deutsche Polizei auf so ein Szenario vorbereitet wäre. Rainer Wendt, der Chef der Polizeigewerkschaft, meint: denkbar schlecht. Was sagen Sie?

Frank Fiedrich: Ich denke, man muss hier zwei Dinge unterscheiden. Einmal die Terroranschläge in Paris, dann in Deutschland die Absage des Fußballspiels. Beim einen geht es allgemein um Vorsorge gegen Terror, während es beim anderen um die Gewährleistung der Sicherheit bei Großveranstaltungen geht. Bei der Anzahl von Polizisten muss sorgfältig abgewogen werden, inwieweit die Sicherheit tatsächlich über zusätzliches Personal erhöht werden muss. Es kann jedoch sinnvoll sein, Personal aufzustocken, um gewisse Sicherheitsaufgaben durchzuführen oder die Polizei bei bestimmten Standardaufgaben zu entlasten.

Kann und sollte die Polizei jetzt verstärkt Präsenz zeigen - bei jedem Sportereignis, bei jedem Weihnachtsmarkt, an Bahnhöfen und auf belebten Plätzen?

In Studien hat sich gezeigt, zumindest was die subjektive Sicherheitswahrnehmung in der Bevölkerung angeht, dass eine erhöhte Präsenz von Sicherheitskräften durchaus zu einer Erhöhung der gefühlten Sicherheit beiträgt.

Nur der gefühlten?

Nein, es hat auch einen präventiven Charakter, dadurch, dass zunächst einmal die Sicherheitskräfte überwunden werden müssten, die verstärkt vorhanden sind. Die Präsenz ist neben technischen Maßnahmen eines der einfachen Mittel, um die Sicherheit zu erhöhen - sowohl hinsichtlich der gefühlten als auch der objektiveren Sicherheit.

Stimmen die Sicherheitskonzepte bei Fußballspielen, Konzerten und anderen Veranstaltungen?

Nach dem Unglück bei der Loveparade 2010 in Deutschland gibt es einen erhöhten Anspruch an Sicherheitskonzepte und auch an die Zusammenarbeit der Akteure. Ich denke, bei Fußballspielen ist generell ein hohes Sicherheitsniveau gewährleistet. Die Polizei und die Veranstalter arbeiten da sehr eng zusammen. Trotzdem müssen die Sicherheitskonzepte wahrscheinlich hinsichtlich der Terrorgefahren noch einmal genauer angeschaut und angepasst werden. Aber generell denke ich, sind wir hier in Deutschland sehr gut aufgestellt.

Prof. Frank Fiedrich (Foto: privat)
Fiedrich fordert mehr PolizeipräsenzBild: privat

Wie ist das mit der Abwägung Freiheit gegen Sicherheit? In Hannover ist das Fußballspiel abgesagt worden. Das stößt auf großes Verständnis. Aber man könnte jetzt mit gezielt gestreuten Hinweisen eine ganze Menge in Deutschland durcheinanderbringen, wenn man wollte.

Das stimmt. Durch Bombendrohungen und andere Meldungen können Sicherheitsbehörden stark gebunden werden. Das verstärkt natürlich die Ängste der Bevölkerung, wenn solche Situationen vermehrt auftreten. Als Gesellschaft muss man sich immer bewusst sein, dass eine hundertprozentige Sicherheit nicht erreichbar ist. Man muss überlegen, wo man eine akzeptierte Grenze in der Bevölkerung zieht, inwieweit man zum Beispiel bereit ist, Überwachungsmaßnahmen wie Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen zuzulassen, um die Sicherheit zu erhöhen.

Wo will man die Grenze setzen?

Wenn man den öffentlichen Debatten folgt und es passiert längere Zeit nichts, dann gibt es etwa hinsichtlich Vorratsdatenspeicherung immer sehr kritische Stimmen. Wenn dann etwas passiert, wird der Ruf nach mehr Überwachung laut. In den USA hat sich auch die Gesetzgebung nach dem 11. September 2001 verändert. Da hat man eine verstärkte Überwachung betrieben. Das war zu dem Zeitpunkt gesellschaftlich akzeptiert. Heutzutage wird nicht nur in Europa, sondern auch in den USA hinterfragt, inwieweit die weitreichenden Rechte, die den Geheimdiensten gegeben wurden, noch akzeptabel sind. Von daher: Es gibt keine richtige Antwort, was das richtige Maß ist. Das hängt immer mit dem gesellschaftlichen Kontext zusammen und muss eigentlich mit allen Beteiligten, also auch unter Einbeziehung der Bevölkerung, entwickelt werden, so dass auch ein gemeinsames Ziel verfolgt wird.

Finanzminister Wolfgang Schäuble, der früher auch einmal Innenminister war, hat angedeutet, für ihn käme auch ein Einsatz der Bundeswehr bei einem Szenario wie in Paris infrage. Wäre das denkbar?

Der Einsatz der Bundeswehr ist durch das Grundgesetz sehr stark reglementiert. Ein Einsatz wäre bei größeren Naturkatastrophen und auch bei bestimmten Terrorszenarien durchaus vorstellbar. Aber das ist natürlich durch den gesetzlichen Rahmen relativ eng festgelegt.

Professor Frank Fiedrich ist Sicherheitsexperte an der Bergischen Universität Wuppertal.

Das Gespräch führte Christoph Hasselbach.