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Sieg ohne Sieg

15. Mai 2003

Der argentinische Präsidentschaftsbewerber Carlos Menem hat angesichts einer drohenden katastrophalen Wahlniederlage auf seine Kandidatur verzichtet. Damit wird sein Gegner Nestor Kirchner automatisch Präsident.

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Menem tritt nicht mehr anBild: AP

Er halte es "nicht für angemessen, zur zweiten Wahlrunde anzutreten", sagte der 72-jährige Carlos Menem am Mittwoch (14.5.2003) in einer Fernsehansprache. Die staatliche Wahlkommission sagte daraufhin die für Sonntag (18.5.2003) geplante Stichwahl um das argentinische Präsidentenamt ab.

Nach dem Rückzug des argentinischen Ex-Staatschefs wird laut argentinischem Wahlgesetz der bisherige Provinzgouverneur Nestor Kirchner Präsident des südamerikanischen Landes. Der 53-jährige Politiker aus Patagonien hatte auf einen überragenden Triumph in der Stichwahl gehofft. Durch den Rückzug seines Kontrahenten kann er jetzt nichts vorweisen außer 22 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang gegenüber 24 Prozent für Menem.

Schweres Erbe

Kirchner ist der sechste Präsident Argentiniens in den vergangenen 18 Monaten. Er soll das Land aus der tiefsten ökonomischen, institutionellen und sozialen Krise seiner Geschichte führen. Seine vorrangigste Aufgabe wird der Kampf gegen die Wirtschaftskrise in der drittgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas sein: Argentinien ist mit 141 Milliarden US-Dollar verschuldet und musste im Dezember 2001 Zahlungsunfähigkeit erklären. Rund 20 Prozent der Einwohner sind arbeitslos. Mehr als 60 Prozent leben in Armut.

Verbaler Hahnenkampf

Umfragen hatten Menem eine verheerende Niederlage gegen seinen innerparteilichen Rivalen Kirchner vorhergesagt. Kirchner lag demnach in der Wählergunst um mehr als 40 Prozentpunkte vorn. Für seinen Rückzug machte Menem unter anderem die Entscheidung seiner peronistischen Partei PJ verantwortlich, auf parteiinterne Vorwahlen zu verzichten, und mehrere Kandidaten gleichzeitig ins Präsidentschaftsrennen zu schicken. Dies habe den Wunsch vieler Argentinier nach politischer Erneuerung enttäuscht, sagte er in einer Fernsehansprache.

Menem warf Interimspräsident Eduardo Duhalde und Nestor Kirchner vor, ihn durch eine Verleumdungskampagne zum Verzicht auf die Kandidatur für die Stichwahl gedrängt zu haben. Kirchner dagegen bezichtigte Menem der "Feigheit": Der 72-Jährige fliehe vor der drohenden Schmach, kritisierte er.

Ende der Übergangzeit

Die automatische Berufung Kirchners zum "ordentlich gewählten" Präsidenten beendet 16 Monate der Übergangsregierung. Der derzeitige Interimsstaatschef Duhalde war Anfang 2002 vom Kongress bestimmt worden. Er löste den im Oktober 1999 vom Volk gewählten Sozialdemokraten Fernando de la Rúa ab, der nach Massenprotesten in Folge der Wirtschafskrise im Dezember 2001 zurückgetreten war. (arn)