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Siemens erfindet sich neu

7. Mai 2014

Deutschlands größter Elektrokonzern bekommt ein anderes Gesicht: Siemens-Chef Kaeser krempelt das Traditionsunternehmen gründlich um. Und mitten in einem brisanten Übernahmepoker verliert ein Verantwortlicher seinen Job.

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Konzernumbau bei Siemens: Vorstandschef Joe Kaeser (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Neun Monate nach seinem Amtsantritt beginnt Vorstandschef Joe Kaeser mit dem Großreinemachen bei Siemens. Nachdem sein Vorgänger Peter Löscher den Konzern vor gerade einmal zweieinhalb Jahren in vier Hauptgeschäftsfelder aufgegliedert hatte, wirft Kaeser diese Strukturen nun wieder über den Haufen. Es ist der größte Konzernumbau seit langem, den der Aufsichtsrat in dieser Nacht abgesegnet hat.

Kaeser will sein Haus künftig mit Angeboten zur Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung wachsen lassen. Anstelle der vier Großsektoren gliedert er den Konzern mit seinen 360.000 Mitarbeitern künftig in neun Divisionen. Dabei verliert Energietechnikchef Michael Süß seinen Posten - mitten im Übernahmepoker um die Energiesparte des französischen Konkurrenten Alstom. Die Shell-Managerin Lisa Davis übernimmt das Segment ab August.

Profitable Medizintechnik wird eigenständig

Gleich zwei Änderungen gibt es in der traditionsreichen und hocheinträglichen Medizintechnik: Das Geschäft für Hörgeräte will Siemens ausgliedern und an die Börse bringen. Der Rest der Sparte bleibt zwar im Konzern - soll aber von Oktober an eigenständig außerhalb der neun Divisionen geführt werden und damit unabhängig vom Organisationsaufbau des restlichen Konzerns.

Für die Neugestaltung gibt Kaeser das Geld mit vollen Händen aus, zugleich will er aber sparen. Besonderes Augenmerk legt der 56-Jährige neben der Energieerzeugung auf das Trendthema Industrie 4.0. Das Digitalisierungsgeschäft für Produktionsfirmen wird in der neuen Division "Digital Factory" geführt. Das Segment soll bis zu 20 Prozent operative Rendite abwerfen und die bislang ertragreichste Medizintechnik noch überflügeln.

Für 950 Millionen Euro übernehmen die Münchner das Gasturbinen- und Kompressorengeschäft von Europas größtem Flugzeugtriebwerkhersteller Rolls-Royce. Damit will Siemens seine Position in der wachsenden Öl- und Gasindustrie sowie auf dem Gebiet der dezentralen Energieversorgung stärken. Weitere 240 Millionen Euro will Siemens für den Zugriff auf die Triebwerksentwicklungen der Briten ausgeben.

Kein Wort zu den Arbeitsplätzen

Zudem steht der bis zu vier Milliarden Euro schwere Aktienrückkauf bevor. Der Umbau soll zu einer "zusätzlichen Produktivität von rund einer Milliarde Euro führen". In den jeweiligen Divisionen hat sich Siemens Renditeziele zwischen fünf und 20 Prozent vorgenommen. Ein neues Gesamtrenditeziel für den Konzern rief Kaeser allerdings nicht aus. Sein Vorgänger hatte einst zwölf Prozent angekündigt, sie nicht erreicht und seinen Job verloren.

Der tiefgreifende Umbau des Elektrokonzerns hatte sich längst abgezeichnet. Kaeser will Siemens schlanker und schlagkräftiger machen. Bei der Rendite hinken die Münchner nämlich schon länger hinter dem US-Rivalen General Electric her, mit dem sie sich derzeit auch ein Bietergefecht um Alstom liefern. Die Neuordnung soll derweil bares Geld sparen: Weil etwa Bereiche wie Personalwesen oder Kommunikation gestrafft und zentral geführt werden könnten, sollen die Kosten bis Herbst 2016 um eine Milliarde Euro sinken. Inwieweit der Umbau Stellen kosten wird, hat Siemens noch nicht verkündet. Auf dem Weg zu mehr Effizienz und höheren Gewinnen hatte der Konzern zuletzt schon 15.000 Arbeitsplätze abgebaut.

rb/se (afp, dpa, rtr)