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Sierens China: Fleisch aus dem Reagenzglas

Frank Sieren27. November 2015

China baut die weltweit größte Klonfabrik für Haus- und Nutztiere. Doch wie im Westen reagieren auch die chinesischen Verbraucher skeptisch auf die Aussicht, Klonfleisch essen zu müssen, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Symbolbild Nahrungsmittelnachfrage Fleischkonsum Asien
Bild: STR/AFP/Getty Images

Hunde, Rinder, aber auch Rennpferde sollen in China künftig industriell im Reagenzglas gezüchtet werden. Dafür baut China derzeit für 30 Millionen Euro die größte Klonfabrik weltweit. Bauherren, der über 14.000 Quadratmeter großen Anlage nahe der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin ist ein Joint Venture der chinesischen Biotechfirma BoyaLife Group und dem südkoreanischen Unternehmen Sooam Biotech. Dessen Chef Hwang Woo Suk hatte 2004 für Aufsehen gesorgt, als er eine Studie veröffentlichte, in der er behauptete menschliche Embryonen klonen zu können. Die Universität Seoul wies jedoch nach, dass seine Forschungsergebnisse gefälscht waren. Seitdem konzentriert sich Hwang vor allem auf das Klonen von teuren Hunderassen.

Der Hunger nach Fleisch wächst stark

Das neue Klonzentrum entsteht in einem Wirtschafts- und Entwicklungspark, der von den örtlichen Behörden finanziell unterstützt wird. Partner sind zudem das Institut für Molekularmedizin der renommierten Peking-Universität und die Internationale Akademie für Biomedizin in Tianjin. Die Regierung steht dahinter, weil sie glaubt, dass ethische Fragen bald zurücktreten werden angesichts eines Versorgungsengpasses von Fleisch. Schon jetzt essen Chinesen pro Kopf über 5 Kilogramm Rindfleisch im Jahr, 1984 waren es nur 340 Gramm. Die Manager sind schon jetzt sicher, dass das geklonte Rindfleisch bei Chinas Verbrauchern gut ankommen wird. Es sei das leckerste Fleisch, das er jemals gegessen habe, behauptet Xu Xiaochun, Aufsichtsratschef der BoyaLife Group. Was soll er auch anders sagen - er will es den Chinesen ja verkaufen. Im ersten Jahr sollen 100.000 Rinder geklont werden und im zweiten Jahr schon eine Million.

Die Vorteile der Gensteaks und der Klon-Rinder sind nicht von der Hand zu weisen: Deckt China etwa bei Schweinefleisch die Nachfrage des 1,3 Milliarden-Volkes zu großen Teilen noch selbst, ist Peking bei der Nachfrage nach Rindfleisch vor allem auf teure Importe aus dem Westen angewiesen. Aber auch die Milch der heimischen Kühe reicht nicht, um den Bedarf der Verbraucher zu stillen. Seit 2010 trinken Chinesen pro Kopf im Durchschnitt 30 Liter Milch pro Jahr. Das ist mehr als doppelt so viel, wie fünf Jahre zuvor. In den kommenden zehn Jahren soll sich der Bedarf Prognosen zufolge noch einmal verdoppeln.

Frank Sieren *PROVISORISCH*
DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Schmackhafter als natürliches Fleisch?

Wenn es nach den Forschern der Landwirtschaftsuniversität in Peking geht, kommt das beste Rindersteak der Welt bald nicht mehr aus Argentinien, sondern aus China. Die Wissenschaftler haben mit Klon- und Gen-Experimenten das Muskelfett von heimischen Kühen erhöht. Schon im September bekam eine von Wissenschaftlern der Pekinger Landwirtschaftsuniversität geklonte und genetisch veränderte Kuh namens Niu Niu erstmals Nachwuchs auf natürlichem Weg. Dabei war Niu Niu mit einem Gen ausgestattet worden, das für einen höheren Fettanteil der Muskeln sorgt, sodass das Fleisch besonders schmackhaft ist.

Allerdings regt sich auch in China Widerstand gegen das Klonfleisch. Die neue Klonfabrik in Tianjin hat nun auch in den sozialen Netzwerken erste Kritiken entfacht. Die Argumente sind die gleichen wie im Westen. Auch in Europa konnten sich die Klonfleischhersteller nicht vorstellen, dass die Sorgen der Gegner sich durchsetzen würden. Doch inzwischen zeichnet sich ab, dass die EU ein einheitliches Klonfleischverbot erlassen will.

Davon ist China allerdings noch weit entfernt. Wahrscheinlich wird sich China angesichts der Menschenmassen, die Fleisch essen wollen, diesen Luxus auch nie leisten können.

Unser Korrespondent Frank Sieren lebt seit über 20 Jahren in Peking.