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Sierra Leone verhängt Ausgangssperre

19. September 2014

Wegen der Ebola-Epidemie ergreift die Regierung von Sierra Leone drastische Maßnahmen: Drei Tage lang dürfen die Menschen in dem westafrikanischen Land ihre Häuser nicht verlassen. Experten kritisieren den Schritt.

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Straßenszene in Freetown, Anti-Ebola-Plakat im Hintergrund (Foto: imago/Xinhua)
Bild: imago/Xinhua

Die Straßen in Freetown, der Hauptstadt Sierra Leones, waren am Morgen völlig leer, wie Augenzeugen berichteten. Die Ausgangssperre soll bis zum Sonntag dauern. In dieser Zeit sollen mehr als 20.000 Gesundheitsarbeiter von Haus zu Haus gehen, um die Bevölkerung über das Virus aufzuklären und mögliche Ebola-Kranke ausfindig zu machen. Die Behörden des westafrikanischen Landes wollen so eine weitere Ausbreitung der Seuche verhindern.

Präsident Ernest Bai Koroma wandte sich in einer Fernseh- und Radioansprache an das Volk, um die Maßnahme zu erklären. Sicherheitsbeamte kontrollieren die Einhaltung der Anordnung. Eine Beobachterin des britischen Senders BBC berichtete, dass es in den vergangenen Tagen zu Hamsterkäufen gekommen sei. Die Menschen deckten sich demnach vor allem mit Lebensmitteln und Benzin für Stromgeneratoren ein. Nach Angaben des Vorsitzenden der Landwirschaftskammer Sierra Leones, Ahmed Nanoh, sind die Lebensmittelpreise in dem Land wegen der Ebola-Krise um 30 Prozent gestiegen.

Kritik von Ärzte ohne Grenzen

Die freiwilligen Helfer sollen den rund sechs Millionen Einwohnern des Landes Vorbeugemaßnahmen erklären und insgesamt 1,5 Millionen Stück Seife verteilen. Die Ausgangssperre sei vor allem als erzieherische Maßnahme gedacht, hatte der Chef der Notfallbehörde (EOC), Steven Gaojia, im Vorfeld betont.

Experten stehen dem Schritt kritisch gegenüber. Es bedürfe Helfer mit viel Erfahrung, um bei einem solchen Tür-zu-Tür-Screening Menschen mit Ebola-Symptomen auszumachen, hatte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) bereits vor Tagen mitgeteilt. Zudem gebe es nicht genug Ebola-Zentren, um eventuelle neue Patienten aufzunehmen. Ohne Platz zur Untersuchung und Behandlung von Verdachtsfällen habe das ganze Vorhaben keinen Sinn. Die Seuche hat in Guinea, Liberia, Sierra Leone und Nigeria bereits mehr als 2600 Menschen getötet, über 5300 Patienten sind registriert. Das Virus wird durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten übertragen.

Sechs Menschen wegen Mordverdachts festgenommen

Unterdessen wurden in Guinea sechs Menschen festgenommen, die verdächtigt werden, an den Morden an sechs Regierungsvertretern und Journalisten beteiligt gewesen zu sein. Die Delegation war im Rahmen einer Ebola-Aufklärungskampagne in der Region um Womey unterwegs, um die Menschen über die Gefahren des Virus zu informieren. In vielen Teilen Westafrikas glaubt die Bevölkerung nach wie vor nicht an die Existenz der Seuche. Vor allem Ärzten und Gesundheitsbehörden stehen die Bürger skeptisch gegenüber, weil sie lieber auf traditionelle Heiler vertrauen. Bereits im August hatten Bewohner eines Armenviertels in Liberia ein Krankenhaus gestürmt und mindestens 17 Ebola-Patienten zur Flucht aus einer Isolierstation verholfen.

UN-Sondermission geplant

Der UN-Sicherheitsrat hatte die Epidemie am Donnerstag als "Gefahr für Frieden und Sicherheit der Welt" eingestuft. Mit einer einstimmig beschlossenen Resolution mahnte das mächtigste UN-Gremium bei einer Sondersitzung mehr Hilfe für die betroffenen Länder in Westafrika an. Zudem wollen die Vereinten Nationen noch in diesem Monat eine Sondermission nach Westafrika schicken. Es werde weitaus mehr Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebraucht, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. "Unsere bestmögliche Schätzung ist, dass wir die Anstrengungen verzwanzigfachen müssen."

cr/rb (dpa, ap, rtr)