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Sigurdsson: "Das ist einfach ein Märchen"

8. Februar 2016

Kaum jemand hat vor der Handball-Europameisterschaft dem deutschen Team den Titel zugetraut. Er schon: Dagur Sigurdsson. Im DW-Interview spricht der Bundestrainer über die Folgen des Triumphs und olympische Träume.

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Dagur Sigurdsson (Foto: dpa)
Der Vordenker und Lenker des deutschen Erfolgs: Dagur SigurdssonBild: picture-alliance/dpa/M. Kulczynski

DW: Dagur Sigurdsson, was war anstrengender: die Europameisterschaft oder der Interview-Marathon im Anschluss an den Sieg?

Dagur Sigurdsson: Die EM war ein harter Job. Das waren acht Spiele mit maximalem Einsatz. Danach fällt man schon erst mal in ein Loch. Denn das Ende des Turniers war so emotional. Seitdem reisen wir von Termin zu Termin. Aber ich kann mich nicht beklagen, denn das tut dem Handball gut. Wir können uns präsentieren.

Blicken wir noch einmal zurück: Vor dem souveränen Finalsieg gegen Spanien war es mehrmals auch ganz eng für die deutsche Mannschaft - vor allem natürlich im Halbfinal-Krimi gegen Norwegen. Wie oft haben sie während des Turniers den Traum vom Titel schon zerplatzen sehen?

Ich glaube, im Spiel habe ich nie solche Gedanken. Dann gilt die volle Konzentration der Taktik, den Spielerwechseln und solchen Dingen. Aber klar, zwischendurch haben wir immer gedacht, dass es auch beim nächsten Spiel vorbei sein könnte. Unsere Gruppe war sehr, sehr schwer. Da hätte es in alle Richtungen kippen können. Danach hatten wir noch weitere Verletzungen (nachdem die deutsche Mannschaft ohne sechs verletzte Stammspieler anreisen musste, fielen während des Turniers auch noch Kapitän Steffen Weinhold und Torjäger Christian Dissinger aus, Anm. d. Red.) - also da gab es viele Momente, in denen es zu Ende hätte sein können.

Trotz der ganzen Rückschläge hat man gespürt: Diese Mannschaft glaubt an den Titel…

Ja, das sind junge Leute, die einfach keine Angst hatten. Auch der Trainer ist jung und hatte keine Angst (grinst). Viele Sachen sind zusammen gekommen. Das ist einfach ein Märchen.

Ihre Taktik musste aufgrund der Verletzungen immer variabel bleiben. Mussten sie im Turnierverlauf oft taktisch umstellen?

Wir haben ein sehr offenes System. Daher ist es einfach, für neue Spieler da rein zu kommen. Sie können so ihre Stärken gut einbringen. Wir haben versucht, unsere Gegner zu überraschen. Aber zum Beispiel gegen Spanien hatten wir nur eine Taktik und dann hieß es: Augen zu und durch!

Nach dem EM-Sieg wartet nun schon die nächste Herausforderung: die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Denken Sie schon jetzt an eine Medaille?

Ich glaube, da müssen wir erst mal abwarten. Die Jungs haben jetzt erst mal 30 Spiele in der Bundesliga vor sich. Wir werden unsere Testspiele machen und im Sommer schauen, wie die Truppe aussieht. Wenn wir das Positive und die Euphorie aus der EM mitnehmen, dann ist alles möglich. Aber es gibt keine Garantien, weil die Weltspitze so dicht ist. Es wird auf Kleinigkeiten ankommen. Deshalb muss man abwarten.

Aber Gold wäre ein Traum?

Gold ist immer ein Traum. Wir werden weiter unser Ding machen und den Kopf unten halten. Wir wollen weiter arbeiten und schauen, dass wir noch stärker werden.

Dagur Sigurdsson ist 42 Jahre alt und war früher selbst Handball-Nationalspieler für Island und brachte es auf 215 Länderspiele. Bereits als Spieler war er in der deutschen Bundesliga aktiv und blieb dem deutschen Handball verbunden: Von 2009 bis 2015 trainierte er die Füchse Berlin, ehe er 2014 deutscher Bundestrainer wurde. Der EM-Sieg in Polen ist der größte Erfolg seiner Laufbahn.

Das Interview führte Joscha Weber.