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Simbabwe am Scheideweg

Reinhold Meyer8. März 2002

Die Wahl in Simbabwe wird erweisen, ob Despoten in Afrika an der Macht bleiben, oder ob sie von der politischen Bühne verschwinden. Die EU und die USA haben zu lange weggesehen. Ein Kommentar von DW-WORLD.

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Die Präsidentschaftswahlen in Simbabwe am 9. und 10. März werden für die Afrikaner ein wichtiges Signal sein, ob es endlich gelingen wird, Despoten, Einparteienherrscher und Militärs von der politischen Bühne verschwinden zu lassen und durch demokratische Systeme zu ersetzen. Scheitert der Urnengang an Gewalt, systematischer Einschüchterung, Winkelzügen der letzten Stunde, willkürlicher Beugung des Rechts und massiver Fälschung, wäre das eine verheerende Niederlage aller afrikanischen Demokraten mit noch unabsehbaren Auswirkungen.

Kein anderer Machthaber in Afrika ist in so krasser Weise vom ehemaligen Helden der Befreiungskriege zum autoritären Herrscher eines Systems der fortwährenden Verletzungen der Menschenrechte und Cliquenwirtschaft degeneriert. Kaum ein anderer Politiker hat die Versprechen und Ideale der Befreiung Afrikas aus neokolonialer Beherrschung so verraten wie der seit der Unabhängigkeit 1980 herrschende Präsident Robert Mugabe.

Die Regierung Mugabe hat die Gratwanderung zwischen sozialistischen Zielen und den Erwartungen der schwarzen Bevölkerungsmehrheit einerseits sowie den Zwängen einer pragmatischen Politik der wirtschaftlichen Stabilität mit wenig Spielraum für soziale Veränderungen andererseits nicht durchhalten können. Beeindruckende Ansätze im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie zur Entwicklung der ländlichen Gebiete konnten nicht fortgesetzt werden. Simbabwes Wirtschaft befindet sich vor den Präsidentschaftswahlen in einer Krise wie noch nie zuvor seit der Unabhängigkweit. Verschleißerscheinungen, Verkrustung und autoritäre Züge haben das Regime zunehmend pervertiert. Mugabe hat vor allem nicht der Versuchung widerstanden, sich durch die politische Instrumentalisierung der Rassenfrage populistisch anzubiedern.

Der Kurs von Mugabe hat unwiderruflich in die politische Sackgasse geführt, aus der er das Land nicht mehr herausführen kann. Die Wahl zwischen ihm und seinem Herausforderer Morgan Tsvangirai, Vorsitzender der oppositionellen 'Bewegung für Demokratischen Wandel', wird darüber entscheiden, ob politische Macht weiterhin als persönlicher Besitz anzusehen ist, der in Dauer und Ausmaß unbegrenzt ist. Der Ausgang der Wahl wird auch zeigen, ob effektive Parteienkonkurrenz mit einem von allen Seiten anerkanntem Machtwechsel die jetzige Machtkonzentration aufbrechen kann, oder ob die Parteien Anhängsel und Teil der herrschenden Staatsmacht bleiben.

Die lautesteten Ankläger von heute – die Europäische Union, Großbritannien, die USA – haben es in den zurückliegenden Jahren versäumt, ihre Stimme in konstruktiver Solidarität zu erheben. Dringende Appelle von Tony Blair oder Colin Powell, der Mugabe als einen Anachronismus bezeichnete, wirken angesichts der vernachlässigten oder fehlenden Afrikapolitik ihrer Regierungen in den vergangenen Jahren hohl. Wer sich heute nicht gezielt in Afrika engagiert, sollte auch morgen nicht versucht sein, die Afrikaner als demokratie-unfähig auf die Anklagebank zu setzen.

Die Wahlen in Simbabwe haben in Afrika und der Region einen herausragenden Stellenwert. Ihr Verlauf einschließlich der Möglichkeit der ungehinderten freien Wahlbeobachtung, die Korrektheit und damit Glaubwürdigkeit des Ergebnisses und die Reaktionen auf dieses werden die zukünftige politische Weichenstellung nach innen und außen nicht nur für Simbabwe bestimmen. Zu einem Zeitpunkt, da die Fragezeichen und Ungewissheiten in Afrika nicht geringer geworden sind, benötigt der Kontinent dringend ein positives Signal für seine Systemveränderer. Sonst droht angesichts des fehlenden gesellschaftlichen Konsens für lange Zeit das zerstörerische Szenario von Unruhen und politischen Verwerfungen.