"Sissi" - ein deutscher Weihnachtsklassiker
21. Dezember 2020Wieder mal ist Weihnachten, wieder mal Zeit für "Sissi": Die schöne, junge Wiener Kaiserin mit dem strahlenden Lächeln und den leuchtend blauen Augen bringt viele Deutsche noch heute in Festtagsstimmung. Der Österreicher Ernst Marischka hat die dreiteilige "Sissi"-Saga mit Romy Schneider in der Hauptrolle verfilmt. Die Kino-Premiere des ersten Teils am 21. Dezember 1955 versetzte das Wiener Publikum in Verzücken. Denn ″Sissi" war Balsam auf die Seele der mental ausgehungerten Nachkriegsgesellschaft.
Völlig unerheblich ist für Fans bis heute, wie sehr Marischka die historische Wirklichkeit verfälscht hat. Denn tatsächlich hätte die Liebesgeschichte zwischen Elisabeth (die "Sisi" genannt wurde) und Franz Joseph "nicht einmal für einen Kurzfilm" ausgereicht, wie das Wiesbadener Tagblatt 1957 ätzte, als Österreich den dritten "Sissi"-Film stolz zum Festival in Cannes einreichte. Doch die Kritiker sollten sich täuschen.
"Sissi" - ein Kassenschlager
Einen Tag nach der erfolgreichen Filmpremiere in Wien kommt ″Sissi" in München in die deutschen Kinos. Es folgen die Fortsetzungen ″Sissi - Die junge Kaiserin" (1956) und ″Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin (1957). "Sissi" erweist sich als Kassenschlager: Bis zu 25 Millionen Kinozuschauer liegen dem Leinwandpaar Romy Schneider und Karlheinz Böhm zu Füßen, genaue Zahlen gibt es nicht.
"Sissi" erzählt von den frühen Jahren der Kaiserin Elisabeth. Die Filmgeschichte basiert auf dem gleichnamigen Roman von Marie Blank-Eismann, der 1952 im Stuttgarter Titania-Verlag in zwei Teilen erschienen war. Doch schon 1933 hatte Sissi in der Roman-Zeitschrift "Blütenregen" ein Vorleben als illustrierter Fortsetzungsroman.
Viel Kitsch, viel Kritik
Kritiker werfen Regisseur Marischka vor, er habe reinsten Kitsch produziert, doch geht der Vorwurf ins Leere. Zwar liefert ″Sissi" kein getreues Abbild der K.-u.-k-Doppelmonarchie Österreich/Ungarn. Doch immerhin: Die Grundzüge der Filmstory stimmen - die schnelle Entfremdung der jungen Elisabeth vom Wiener Hof, ihre Ungarn-Begeisterung, ihre ständigen Fluchten ins Ausland. Und: "Ich will ja gar nicht Kaiserin werden! Ich will frei leben ohne Zwang!", sagt ″Sissi" im Film. Vor allem aber ist "Sissi" ein Kinofilm, der schon früh Hollywood-Methoden kultivierte, indem er mit schönen Bildern herzbewegende Geschichten erzählt und damit Kinogeschichte schrieb.
Romy Schneider war gar nicht glücklich mit der Rolle, die sie berühmt gemacht hat. "Das pappt mein Leben lang wie Grießbrei an mir", klagte sie in einem späteren Interview. Karlheinz Böhm beschwerte sich, die Inszenierung entführe die Zuschauer in eine "rosarote Marzipanschweinchen-Welt". Böhm brach mit seinem "Sissi"-Image, als er 1959 in der englischen Produktion "Augen der Angst" einen psychopathischen Frauenmörder spielte. Der Film bescherte Böhm einen Karriereknick. Doch der Popularität von "Sissi" konnte das nichts anhaben: Die Lizenzen für die Filme wurden in Länder rund um den Globus verkauft, darunter in die USA, nach Russland, Japan und in den Irak.
Geteilte Lager
Und der Mythos "Sisi" lebt weiter: Der Streamingdienst Netflix will das Leben der österreichischen Kaiserin jetzt mit der Jungschauspielerin Devrim Lingnau in der Hauptrolle verfilmen. Die Dreharbeiten sollen im Frühjahr 2021 beginnen; Arbeitstitel ist "The Empress" - "Die Kaiserin".
Einstweilen lässt sich die Höhe des Feiertages daran ablesen, ob "Sissi" und ihr kongenialer Partner Franz Joseph auf der Fernsehmattscheibe erscheinen. Die Wiederholungen bescheren den Sendern noch immer zweistellige Marktanteile: In vielen Familien Deutschlands und Österreichs verkürzt das Monarchenpaar die Zeit zwischen Weihnachtsbraten und Kaffeetrinken. Auch wenn es bisweilen auf einen Showdown hinausläuft - zwischen "Sissi"-Fans und "Sissi"-Verächtern.