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Schlimmer als unter Saddam

4. Dezember 2006

Im Interview bekräftigt UN-Generalsekretär Annan seine Forderung nach einer internationalen Irakkonferenz. Der US-geführte Irakkrieg habe das Ansehen der UN schwer beschädigt.

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UN-Generalsekretär Annan neben einer UN-Flagge
Der scheidende UN-Generalsekretär Annan bedauert, dass die US-geführte Invasion des Irak nicht verhindert werden konnte (Archivbild)Bild: AP

UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Lage im Irak als "viel schlimmer" als in einem Bürgerkrieg bezeichnet. Das Leben für den normalen Iraker sei heute schlechter als unter dem Regime von Saddam Hussein, sagte der scheidende UN-Generalsekretär in einem am Montag (4.12.2006) von der britischen BBC ausgestrahlten Interview. Die Situation sei "extrem gefährlich". Damals habe ein brutaler Diktator geherrscht, doch hätten sich die Leute auf die Straße getraut und die Kinder hätten zur Schule gehen können, ohne dass sich ihre Eltern wie heute fragen mussten, ob sie ihr Kind wieder sehen würden.

Auf die Frage, ob die Lage im Irak als Bürgerkrieg bezeichnet werden könne, sagte Annan: "Vor ein paar Jahren, als wir die Kämpfe im Libanon hatten, haben wir das einen Bürgerkrieg genannt. Dies hier [im Irak] ist viel schlimmer." Die Gesellschaft brauche Sicherheit und eine sichere Umgebung um weiterzukommen. "Ohne Sicherheit kann nicht viel getan werden, keine Besserung und kein Wiederaufbau", sagte Annan. Die Situation im gesamten Nahen und Mittleren Osten sei sehr Besorgnis erregend. Erneut stellte Annan den Konflikt im Irak mit dem im Libanon, dem palästinensisch-israelischen Konflikt und den Spannungen mit dem Iran in Zusammenhang.

Annan beharrt auf internationaler Irak-Konferenz

Zugleich drückte Annan sein Bedauern über das Versagen der Weltorganisation aus, den Krieg zu verhindern. Die Unfähigkeit, den von den USA geführten Krieg gegen den Irak zu verhindern, habe den Vereinten Nationen schweren Schaden zugefügt, von dem sich die UNO erst langsam erhole, sagte Annan. Der US-Einmarsch im Irak 2003 hätte nach Annans Ansicht verhindert werden können, wenn den Atom-Inspekteuren mehr Zeit gegeben worden wäre.

Er appellierte an die regionalen und internationalen Mächte, dem Irak zu helfen. "Die irakische Regierung ist nicht in der Lage, die Gewalt unter Kontrolle zu bringen", sagte Annan. Er beharrte in dem Interview auf seinem Vorschlag einer internationalen Konferenz für den Irak. Die Iraker müssten zusammenkommen, aber sie benötigten dazu Hilfe ihrer Nachbarn und der internationalen Gemeinschaft. Allerdings müssten sie sich selbst über die Verfassung sowie die gerechte Verteilung der Öl- und Steuereinnahmen einigen, sagte Annan.

Irakische Politiker: Lösung kann nur in Bagdad gefunden werden

Der irakische Präsident Dschalal Talabani wandte sich jedoch gegen eine internationale Friedenskonferenz für sein Land. "Wir sind ein souveräner und unabhängiger Staat geworden, und es ist an uns, über die Zukunft des Irak zu entscheiden", erklärte Talabani am Sonntag in Bagdad. In seinem Land gebe es bereits einen politischen Prozess mit einem gewählten Parlament, betonte er. Auch der irakische Schiitenführer Abdul Asis al Hakim lehnt eine internationale Irak-Konferenz ab. Ein solches Treffen, wie von UN-Generalsekretär Kofi Annan vorgeschlagen, sei illegal und unrealistisch, sagte der Vorsitzende des Obersten Rates für die Islamische Revolution im Irak am Samstag in der jordanischen Hauptstadt Amman. Nur die demokratisch gewählte Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki sei legitimiert, die Probleme des Landes zu lösen.

Eine Internationale Konferenz an einem Ort außerhalb des Iraks könne hilfreich sein, hatte Annan am vergangenen Dienstag (28.11.2006) in New York gesagt. Jetzt seien drastische Maßnahmen erforderlich, um die Eskalation der Gewalt zu stoppen, erklärte der scheidende UN-Generalsekretär. Er sprach sich dafür aus, den Iran und Syrien in die Überlegungen der internationalen Gemeinschaft mit einzubeziehen. Der Ghanaer Kofi Annan wurde 1997 zum UN-Generalsekretär gewählt. Seine Amtszeit endet am 31. Dezember. Nachfolger wird der Südkoreaner Ban Ki Moon. (rri)