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Politik

Festnahmen nach Journalisten-Mord

1. März 2018

In der Slowakei sind in Zusammenhang mit dem Mord an den Journalisten Jan Kuciak mehrere Italiener festgenommen worden. Ihre Namen waren im letzten Artikel von Kuciak aufgetaucht.

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Bratislava Gedenkmarsch nach Mord an Journalisten
Am Mittwochabend forderten Demonstranten in Bratislava den Rücktritt von Innenminister Robert Kalinak Bild: picture-alliance/AP/B. Engler

Nach dem Doppelmord an dem Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten hat die slowakische Polizei die Festnahme mehrerer italienischer Geschäftsmänner gemeldet. Die Namen der Männer waren auch im letzten Artikel von Kuciak aufgetaucht, sagte Polizeichef Tibor Gaspar. Demnach gab es Durchsuchungen und Festnahmen in mehreren Orten der Slowakei. "Wir können von einer italienischen Spur sprechen", sagte Gaspar.

Über die italienischen Unternehmer hatte Kuciak in seiner unvollendeten letzten Reportage geschrieben. Sie sollen demnach mit kalabrischen Mafiagruppen in Verbindung stehen und sich in der Slowakei auf Steuerbetrug und Missbrauch von EU-Förderungen spezialisiert haben. 

Kuciak wies in seiner unvollendeten Reportage darauf hin, dass die Italiener in der Slowakei ein Netzwerk an politischen Verbindungen bis direkt in das Büro des sozialdemokratischen Regierungschefs Robert Fico aufgebaut hätten. So soll Ficos persönliche Assistentin Maria Troskova eine ehemalige Geschäftspartnerin und Lebensgefährtin von Antonino Vadala gewesen sein. Vadala scheint in Kuciaks Recherchen als wichtigster Drahtzieher des italienischen Mafia-Netzwerks in der Slowakei auf.

Kuciak hatte über die Verfilzung von Politik recherchiert

Troskova lässt seit diesem Mittwoch ebenso wie ein anderer mit Vadala in Verbindung gebrachter Fico-Vertrauter die Tätigkeit im Regierungsamt bis zur Aufklärung der Tat ruhen. Zuvor war Kulturminister Marek Madaric zurückgetreten. Maria Troskova und Viliam Jasan bestreiten, Mafia-Verbindungen gehabt zu haben. Der ehemalige sozialdemokratische Abgeordnete Jasan leitete den Sicherheitsrat, der in Krisenfällen Notmaßnahmen koordiniert. Beide hatten direkten Zugang zu geheimen Staatsinformationen.

Ermordeter Journalist in der Slowakei
Eine Frau legt Kerzen in Gedenken an den Investigativ-Journalisten Kuciak und seiner Verlobten Martina niederBild: picture-alliance/dpa/J.Kotian

Der 27-jährige Journalist Kuciak und seine Verlobte Martina Kusnirova waren in der Nacht zum Montag in ihrem Haus im Dorf Velka Maca in der Westslowakei tot aufgefunden worden. Sie waren nach Polizeiangaben durch Schüsse in Kopf und Brust im Stil einer Hinrichtung getötet worden. Kuciak hatte über die Verfilzung von Politik und Geschäftemacherei recherchiert und war dabei auf mögliche Verbindungen italienischer Mafia-Clans zu slowakischen Politikern und Regierungsmitarbeitern gestoßen.

EU-Parlament und Kommission wollen den Fall untersuchen

Der Mordfall Kuciak hat auch die Europäische Union aufgeschreckt. "Wir schauen uns den Fall jetzt genau an", sagte EU-Kommissar Günther Oettinger der Tageszeitung "Die Welt". Er halte für möglich, dass EU-Zahlungen an die Agrarwirtschaft "für kriminelle Zwecke missbraucht" worden seien. "Wir werden in ein paar Wochen Klarheit über die Finanzströme und einen möglichen Missbrauch haben."

Auch das Europäische Parlament soll sich mit dem Fall Kuciak befassen. "Wir wollen, dass (...) wir in zwei Wochen im Plenum über Medienfreiheit in der Slowakei beraten", sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister (CDU), der "Welt". Es sei schockierend, dass mitten in der EU ein Journalist wegen seiner Arbeit getötet worden sei. "Wir fordern die slowakischen Behörden auf, den Sachverhalt aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen."

Demonstration in Bratislava

Der für Medien zuständige Kulturminister Madaric hatte seinen Rücktritt in Bratislava damit begründet, dass er nach der Ermordung des Journalisten nicht ruhig in seinem Amt bleiben könne. Madaric ist ein Kritiker von Innenminister Robert Kalinak, dem selbst Geschäftsverbindungen zu einem mutmaßlichen Steuerbetrüger nachgesagt werden.

Am Mittwochabend forderten in Bratislava zahlreiche Demonstranten den Rücktritt Kalinaks. Polizeipräsident Tibor Gaspar bestätigte, dass beide Mordopfer mit derselben Waffe erschossen worden seien. Die Tatzeit müsse noch genauer ermittelt werden. Im Zuge von Verhören und Hausdurchsuchungen sei ein Mann vorläufig festgenommen worden, der in der Nähe des Tatortes Drogen und Waffen gehortet habe. Ein Zusammenhang mit dem Doppelmord sei aber nicht erwiesen, sagte Gaspar. Als wahrscheinlichstes Tatmotiv sehe die Polizei derzeit die Recherchen des Journalisten über Mafia-Geschäfte in der Slowakei.

pg/stu (dpa, afp)