So feiert Berlin das Jubiläum
7. November 2014Berlin wird wieder geteilt an diesen Tagen im November. Als Höhepunkt der offiziellen Gedenkveranstaltungen rund um den Jahrestag soll eine Lichterkette durch die Innenstadt verlaufen, dort wo einst die Mauer stand. Geplant sind 8000 weiße Ballons, mit Helium gefüllt und illuminiert, die die ehemaligen Grenzlinien nachzeichnen: von der Bornholmer Straße im Norden, quer durch den Mauerpark, vorbei am Potsdamer Platz bis südlich der Oberbaumbrücke zwischen Friedrichshain und Kreuzberg. Das Kunstwerk wird sich insgesamt über 15 Kilometer erstrecken.
Idee und Konzept der sogenannten Lichtgrenze stammen von den Brüdern Marc und Christopher Bauder. Der Regisseur und der Lichtkünstler suchten nach einer Möglichkeit, den Menschen die bauliche Dimension der einstigen Barriere aufzuzeigen. "Wir wollen so den Bruch sichtbar machen, den die Mauer auch bis lange nach dem Ende der DDR in der Stadt hinterlassen hat", sagt Christopher Bauder.
Er kam 1994, fünf Jahre nach dem Mauerfall, aus Süddeutschland nach Berlin. Damals war die Teilung nicht zu übersehen, die ehemalige DDR-Hauptstadt unterschied sich noch deutlich vom Westteil. Inzwischen seien die Spuren verwischt, sagt Bauder. "Man merkt es zum Beispiel, wenn man Freunde zu Besuch hat. Die fragen dann: Wo ist die Mauer gewesen? Sind wir im Osten oder im Westen? Teilweise hat man dann keine Antwort darauf, man verliert einfach das Bewusstsein dafür." Nun erinnern die Gedenkfeiern zum Mauerfall noch einmal an die jahrzehntelange Teilung der Stadt. Besucher sind eingeladen vom 7. bis 9. November entlang der früheren Grenze zu flanieren, an sechs Punkten gibt es Führungen mit vertiefenden Informationen.
Das Lebensgefühl der DDR aufleben lassen
Bis zu 100.000 Besucher erwartet Berlin am besagten Jubiläumswochenende. Um deren Gunst werben derzeit Touristiker; teils mit Paketen aus bereits existierenden Angeboten, teils mit Neuem. So bietet das Kempinski Hotel Bristol am Westberliner Ku'damm seinen Gästen eine Fahrt am Steuer eines Trabants - dem gängigen Auto in der DDR. Laut Angaben des Hotels ein Spaß, den bislang überwiegend westdeutsche Besucher in Anspruch nehmen.
Das Adina Apartment Hotel am Checkpoint Charlie greift in seinem Mauerfall-Paket - neben einem Eintrittsticket in das DDR-Museum - auch ein sogenanntes Ostalgie-Menü mit Klassikern der DDR-Küche auf. Als Vorspeise gibt es Soljanka, eine säuerlich-scharfe Suppe auf Gurkenbasis mit Ursprüngen in der Sowjetunion. Den Hauptgang bilden Kochklopse, bis heute unter dem Namen Königsberger Klopse bekannte Fleischklößchen in weißer Kapernsauce. Weil die namensgebende Stadt Königsberg, die bis 1945 Teil der deutschen Ostgebiete war, später in Kaliningrad umbenannt wurde, beharrte die SED-Führung auf eine Umbenennung des Gerichts, auch wenn sich der neue Name im Volksmund nie durchsetzte. Den Abschluss des Menüs bildet Kalter Hund. Anders als es vermuten lässt, ist dieser Kuchen rein vegetarisch, aus mehreren Schichten Butterkeks und Schokoladencreme.
Auf den Berliner Bühnen wird die deutsche Teilung nicht erst zum 25-jährigen Mauerjubiläum aufgegriffen. Das Kleine Theater in Friedenau etwa zeigt bereits seit 2010 die Schlagerrevue "Oh, wann kommst du?", die auf humorvolle Weise west- und ostdeutsche Schlagerhits der 60er bis 80er Jahre zusammenführt. Ebenfalls sehenswert und zum Jubiläum passend, wenn auch ebenso wenig neu, ist das erfolgreiche Musical "Hinterm Horizont" am Theater am Potsdamer Platz. Mit Liedern von Udo Lindenberg erzählt es die grenzübergreifende Liebesgeschichte des westdeutschen Sängers zu einer FDJ-Aktivistin.
Offizieller Festakt mit der Bundeskanzlerin
Durchaus nachdenklichere Töne schlagen die zahlreichen Museen und Erinnerungsorte in der Hauptstadt an. An der Bernauer Straße, wo vor 25 Jahren die Grenze verlief, ist heute die Gedenkstätte Berliner Mauer. Auf dem etwa zwei Kilometer langen Streifen finden Besucher sowohl Originalreste als auch Nachbildungen der Mauer sowie einen kompletten Abschnitt des Grenzstreifens mit Wachturm, Stacheldraht und Mauern. Hier wird es am 9. November die zentrale Gedenkveranstaltung zum Mauerfalljubiläum geben. In der Kapelle der Versöhnung auf dem Gelände ist eine Morgenandacht vor geladenem Publikum geplant, darunter Zeitzeugen, Bürgervereine und hochrangige Politiker wie Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie wird dann auch am Nachmittag das umgebaute Dokumentationszentrum der Gedenkstätte einweihen. Darin beleuchtet eine neue Dauerausstellung die historischen Ursachen und die Folgen der Teilung auf den Alltag der Menschen an der Mauer. Ab 14.00 Uhr gibt es verschiedene Themenführungen und ein Programm für Kinder, Zeitzeugen stehen als "Objektpaten" für Fragen zur Verfügung.
Die Tage und Wochen rund um das Mauerfalljubiläum bieten Besuchern also ganz verschiedene Möglichkeiten, sich mit der jüngsten deutschen Geschichte auseinanderzusetzen. Die wahrhaftig grenzenlose Euphorie, die die Menschen in der Nacht vom 9. November 1989 spürten, als die Mauer nach 28 Jahren endlich fiel, werden Touristen wohl nicht nachempfinden können. Auf die Magie dieses Moments setzen die Brüder Bauder in ihrer Installation Lichtgrenze dennoch: An jenem Sonntagabend, wenn sich das Weltereignis zum 25. Mal jährt, werden gegen 19 Uhr die illuminierten Ballons nach einem Countdown der Staatskapelle Berlin einfach in den Himmel aufsteigen und davon fliegen.