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"Soft Power" für Lateinamerika

Barbara Wesel, Brüssel10. Juni 2015

CELAC - das sind 33 lateinamerikanische und karibische Staaten. Beim zweiten Gipfeltreffen mit der EU seit Gründung des Bündnisses soll die Partnerschaft neu belebt werden. Aus Brüssel Barbara Wesel.

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Logo des EU-CELAC-Gipfels am Justus-Lipsius-Gebäude in Brüssel (Foto: picture alliance/dpa)
Am Vorabend des Gipfels gab es einen Bombenalarm, in einem verdächtigen Auto wurde aber kein Sprengstoff gefundenBild: picture-alliance/dpa

Der Auftritt war eine Premiere: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein kubanischer Kollege Bruno Rodríguez Parrilla traten nach ihrem Treffen in Brüssel gemeinsam vor die Presse. Ein Kooperationsabkommen zwischen der EU und Kuba berge Chancen für beide Seiten, sagte der Kubaner. Man sei sehr froh über die Verhandlungen, die zu der Vereinbarung führen sollen. Außerdem lud er Steinmeier nach Havanna ein, damit er die kubanische Gastfreundschaft genießen könne.

Der deutsche Minister akzeptierte und fand freundlichste Worte: Angesichts der zahlreichen Krisen weltweit seien die Signale für eine Verständigung mit Kuba ein hoffnungsvolles Zeichen, die EU wolle und müsse in der Region präsent sein. Allerdings ist der Zeitpunkt für die Unterzeichnung des Abkommens, das auch einen Abschnitt über einen Menschenrechtsdialog enthalten soll, noch offen. Die Kooperation war 2003 nach einer Welle der Repression in Kuba ausgesetzt worden.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mit seinem kubanischen Kollegen Bruno Rodriguez Parrilla (Foto: AFP/Getty Image/E. Dunand)
Bruno Rodríguez Parrilla (l.) würde sich über den Besuch seines deutschen Amtskollegen freuenBild: AFP/Getty Image/E. Dunand

Gipfel als politisches Signal

Das hochrangige Treffen sei ein politisches Signal dafür, dass die Europäer an Lateinamerika interessiert seien, sagt Susanne Gratius vom Thinktank FRIDE in Madrid, der sich mit den Außenbeziehungen Europas beschäftigt. Und seit auch China ein ähnliches Forum habe, um mit der Staatengruppe zu verhandeln, sei der Kontakt für die EU umso wichtiger. Schließlich seien die kulturellen und historischen Verbindungen zwischen den Kontinenten, besonders jene mit Spanien, nach wie vor tief. Angesichts einer milliardenschweren Investitionsinitiative aus Peking müssten sich die Europäer aber überlegen, was sie Lateinamerika zu bieten hätten. Und da setzt die Expertin vor allem auf "Soft Power": Die EU sollte den politischen und kulturellen Dialog stärken, und "sie sollte ihre Normen und Werte verbreiten", sagt Susanne Gratius. Allerdings habe sie keine konkreten Hebel mehr, um die Akzeptanz zu erhöhen, seit Lateinamerika kein entwicklungspolitischer Partner mehr sei, der "politische Einfluss" Europas sei zurückgegangen.

Dem Ruf nach mehr "kultureller Diplomatie" folgen die Europäer auch bereits: Neben dem Gipfeltreffen auf Chefebene gibt es in Brüssel zum Beispiel einen "Akademischen Gipfel", ein Treffen von Universitätsrektoren und einigen Bildungsministern beider Seiten zum Thema Wissenschaftsaustausch. Die EU bietet eine Ausweitung des Erasmus-Austauschprogramms für Jungakademiker an und damit neue Ziele für abenteuerlustige Studenten. Ein Treffen von Gewerkschaftern beider Seiten und eine Veranstaltung mit Vertretern der Zivilgesellschaft unter der Schirmherrschaft der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini haben bereits stattgefunden. Die Italienerin spricht übrigens vom "südatlantischen Denken", das die Europäer lernen müssten, parallel zum transatlantischen Denken in Richtung USA.

Handelsbeziehungen verbessern

Die Europäer wollen nun Anlauf nehmen, um vor allem die Wirtschaftsbeziehungen wieder anzukurbeln: Schon mit 26 der 33 CELAC-Staaten gibt es bevorzugte Handelsbedingungen. Allerdings können Fortschritte mühsam sein: Die Verhandlungen mit der Mercosur-Gruppe, die aus Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay besteht, ziehen sich seit rund 20 Jahren hin.

Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff beteuerte jetzt im Interview mit der Deutschen Welle, dass sie "alles Mögliche tun und alles Unmögliche versuchen" wolle, um die Gespräche endlich zum Abschluss zu bringen. Für Brasilien sei das Abkommen existentiell, fügte die Regierungschefin hinzu. Dennoch ist der Optimismus in Brüssel gedämpft, dass der Durchbruch demnächst gelingen könnte.

Heterogener Staatenbund

"Man sollte mehr thematische Treffen organisieren und zum Beispiel über Migration, Drogen oder konkrete Probleme reden statt große Gipfel zu veranstalten", sagt Lateinamerika-Expertin Susanne Gratius. Denn die Interessen der CELAC-Länder strebten extrem auseinander. Was habe etwa Honduras mit Brasilien zu tun oder die Karibik mit den lateinamerikanischen Staaten? Deshalb sei auch ein Export der europäischen Integrationsidee nach Lateinamerika nicht möglich: CELAC werde nie mehr sein als ein institutioneller Schirm, ein lockerer geographischer Verbund mit sehr unterschiedlichen Anliegen und Problemen. Bei dem Gipfeltreffen in Brüssel gehe es vor allem um die "politische Sichtbarkeit" Lateinamerikas.

Gruppenbild des CELAC-Gipfels Ende Januar in Costa Rica (Foto: AFP/Getty Image/E. Dunand)
Die CELAC-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel Anfang des Jahres in Costa RicaBild: picture-alliance/dpa/A. Bolivar

Eines der kleinen Ergebnisse am Rande ist übrigens, dass die Stiftung EU-LAC in Hamburg, die die Beziehungen der Zivilgesellschaften unterstützen soll, zu einer internationalen Organisation aufgewertet wurde. Ihre Präsidentin, die frühere EU-Kommissarin für Außenbeziehungen Benita Ferrero-Waldner, erklärt dazu: Die Europäer sollten die Beziehungen zu Lateinamerika künftig als Priorität betrachten: "Wir sind 61 Länder, wie viel könnten wir zusammen bewegen, wenn wir uns einig werden?" Die österreichische Politikerin weiß aber auch aus Erfahrung, wie schwierig das tatsächlich sein kann. Und in Krisensiuationen fehlen teilweise die Gesprächskontakte: "Die Situation in Venezuela ist sehr beunruhigend", erklärte Ferrero-Waldner im Interview mit der Zeitung "Die Presse". Die Lage dort könne ausarten, erst in schreckliche Scharmützel, dann in einen Bürgerkrieg. Europa könne angesichts dessen nur versuchen, einen Dialog mit der Regierung in Gang zu bringen, wenn das noch möglich sei.