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Somalias neuer Präsident

Ludger Schadomsky11. September 2012

Hassan Sheikh Mohamud ist ein unbekanntes Gesicht. Der Akademiker und Aktivist hat nun den schwierigen politischen Neuanfang in dem Bürgerkriegsland am Horn von Afrika zu bewältigen.

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Hassan Sheikh Mohamud (Foto: REUTERS/Feisal Omar)
Bild: picture-alliance/dpa

Wenn der Name der Partei des neuen somalischen Präsidenten ein Indiz ist, dann haben die Abgeordneten am Montagabend (10.09.2012) eine gute Wahl getroffen: 2011 gründete Hassan Sheikh Mohamud die sozialdemokratisch ausgerichtete Partei für Frieden und Entwicklung (PDP). Nichts benötigt das in zwei Jahrzehnten durch Clankämpfe zerstörte Somalia mehr als Frieden und Entwicklung.

Bildung statt Politik

Die wenigsten hatten den 1955 in Zentralsomalia geborenen Mohamud auf der Favoritenliste, als am Montag die Abgeordneten des neugewählten Parlamentes in geheimer Wahl abstimmten. Nach dem Abschluss des Technikstudiums an der Universität Somalias ging Mohamud nach Indien, wo er in Bhopal einen Masterabschluss in technischer Ausbildung erwarb. Nach seiner Rückkehr in die Wirren Somalias in den späten 1980er Jahren ging er nicht in die Politik, sondern verschrieb sich der Bildungsarbeit, und bereiste fortan unter anderem für UNESCO und UNICEF das gesamte Land. Eine Erfahrung, die ihm in seinem neuen Job sehr zugute kommen dürfte.

Jibril Abdulle ist der Direktor des Zentrums für Forschung und Dialog (CRD) in Mogadischu und hat zehn Jahre mit Mohamud gearbeitet. "In Bezug auf Somalia verfügt er über ein tiefgreifendes Verständnis der strukturellen Zusammenhänge", so Jibril über den Neuen.

Dass er auf dem internationalen Parkett kaum bekannt ist, sei eher eine Auszeichnung, sagt Somalia-Kennerin Laura Hammond von der renommierten School of Oriental and African Studies (SOAS) in London angesichts der notorisch korrupten Politikerkaste in Somalia. Der haushohe Sieg im letzten und entscheidenden Wahlgang am Montagabend mit 190 zu 79 Stimmen war somit auch ein eindeutiges Votum für einen Neuanfang und gegen das Klientelsystem des Überganspräsidenten Sharif Sheikh Ahmed. "Somalis sind selbst überrascht davon, dass das Parlament den Mut hatte, den Weg eines Neuanfangs zu gehen - das macht wirklich Mut", so Hammond.

Wahlplakat Hassan Sheikh Mohamud (Foto: REUTERS/Feisal Omar)
Somalias neuer Präsident Hassan Sheikh Mohamud auf einem WahlplakatBild: Reuters

Mohamuds Erfolg "hängt nun davon ab, wie er sein Kabinett und den Premier auswählt", meint CRD-Präsident Jibril Abdulle. "Das wird ein erstes Indiz seines Führungsstils sein".

Mogadischu statt Minneapolis

Dabei dürfte die Tatsache, dass Mohamud die vergangenen Jahre nicht in der sicheren Diaspora in den USA, Kenia oder Großbritannien, sondern im kriegszerrütteten Somalia verbrachte, seine Akzeptanz fördern. Hat er doch mit seinen Landsleuten die schwärzesten Monate unter dem Terrorregime der Al-Shabaab-Milizen durchgestanden.

Bei allen Verdiensten benötigt jeder Politiker in Somalia jedoch die "richtige" Clanzugehörigkeit. Als Mitglied des Subclans der Abgal ist der Familienvater Mohamud ein Hawiye und entstammt damit derselben mächtigen Clanlinie wie sein Vorgänger Sharif Ahmed. "Das ist für dessen Anhänger ein Trost und könnte den Übergang erleichtern", glaubt Somalia-Expertin Laura Hammond.

Bildungsreisender in Sachen Versöhnung

Verhandlungsgeschick, das bei der nun bevorstehenden Regierungsbildung gefragt sein wird, hat der Bildungsreisende bereits dokumentiert. Er half, die sogenannte "grüne Linie" zu beseitigen, die nach dem Krieg von 1992 die Hauptstadt Mogadischu in einen nördlichen und südlichen Teil trennte. Unlängst erlaubten ihm dann die radikalislamische Al-Shabaab, die von Mohamud mitbegründete und zeitweise geleitete Verwaltungsuniversität Simad geöffnet zu halten - zuletzt waren dort 4.000 Studenten eingeschrieben.

Im Juni 2010 nahm der neue Präsident laut seines Lebenslaufs an einer Konferenz teil: "Rückblick auf 50 Jahre Unabhängigkeit Somalias - was alles falsch gelaufen ist". Mit diesen Erkenntnissen ist er vielen somalischen Politikern ein großes Stück voraus. Und als aktiver Netzwerker in sozialen Portalen wie Facebook dürfte seine Botschaft auch bei der im Schnitt sehr jungen Bevölkerung Somalias ankommen: "Die lange Zeit des Leidens liegt nun bald hinter uns. Wir sind auf dem richtigen Weg."