Sowjetische Vergangenheit ist keine Last
27. November 2001Offiziell spricht sich Russland für eine breite Koalition aller ethnischen Gruppen als Basis für eine neue afghanische Regierung aus – jedoch ohne die Taliban. Das strategische Interesse der Moskauer Führung dabei ist offensichtlich: Befürwortet wird ein stabiles Regime, das keine islamistischen Ziele - wie beispielsweise die Taliban - verfolgt.
Russland sieht sich selbst in doppelter Hinsicht von radikalen Moslems bedroht: In Tschetschenien kämpfen nach russischen Geheimdienst-Angaben auch internationale Islamisten, die angeblich von Bin Ladens Terrororganisation El-Kaida unterstützt werden. Ebenso bedrohen islamistische Bewegungen die politische Stabilität in den ehemaligen Sowjetrepubliken Usbekistan, Kirgisien und Tadschikistan. Moskau betrachtet auch zehn Jahre nach dem Ende der Sowjetunion diese Länder als traditionelle Einflusszone. Die tadschikisch-afghanische Grenze wird nach wie vor von russischen Armee-Einheiten bewacht.
Russlands Partner ist die Nordallianz
Obwohl die Sowjetunion im Dezember 1979 in Afghanistan einmarschiert ist und fast ein Jahrzehnt dort faktisch als Besatzungsmacht gegen die Mudschahedin gekämpft hat, hat Russland heute gute Karten bei der geplanten Neuordnung Afghanistans. Moskau verfügt schon seit längerem über gute Beziehungen zur gegenwärtig siegreichen Nordallianz. So hat Russland nach jüngsten Medienberichten seit Jahresbeginn die Anti-Taliban-Kämpfer mit millionenteurem schweren Kriegsgerät unterstützt: So seien 10.000 Kalschnikow-Maschinengewehre, etwa 150 Tonnen Munition, 182 ausrangierte Panzer und gepanzerte Fahrzeuge sowie 36 Kampfhubschrauber geliefert worden.
Russland war auch das erste Land, das nach dem Einmarsch der Nordallianz in Kabul eine Gruppe ranghoher Regierungsbeamter in die afghanische Hauptstadt geschickt hat. Ziel ist es dabei, die Kontakte zur Nordallianz als legitime afghanische Regierung zu verbessern und die Einrichtung einer Botschaft vorzubereiten.