Sozialdemokraten in Litauen koalieren mit Populisten
11. November 2024In Litauen steht gut zwei Wochen nach den Parlamentswahlen ein neues Regierungsbündnis. Nach ihrem Wahlsieg gehen die Sozialdemokraten eine umstrittene Dreierkoalition mit der "Demokratischen Union Für Litauen" und der neu gegründeten populistischen Partei "Morgenröte von Nemunas" ein, deren Vorsitzender wegen mutmaßlich antisemitischer Kommentare vor Gericht steht.
Die drei Parteien unterzeichneten in der Hauptstadt Vilnius eine Koalitionsvereinbarung, in dem auch die Verteilung der wichtigsten Posten und Ministerressorts des baltischen EU- und NATO-Landes festgelegt werden. Das Dreierbündnis kommt zusammen auf 86 der 141 Sitze im Parlament. Die Regierungsbeteiligung der "Morgenröte von Nemunas" - entgegen anderslautender Ankündigungen der Sozialdemokraten vor der Wahl - sorgte in Litauen und auch international für Kritik und Empörung.
Die Protestpartei, die bei der Abstimmung im Oktober drittstärkste Kraft wurde, verbindet linke Positionen mit einem rechtspopulistischen Programm. Die Hauptbedenken richten sich aber gegen Parteichef Remigijus Zemaitaitis, der mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen ist. Der 42-Jährige verlor deshalb im Frühjahr sein Mandat als Abgeordneter.
Internationale Kritik - auch aus Deutschland
Vor der konstituierenden Sitzung des Parlaments an diesem Donnerstag ist eine Kundgebung gegen die Aufnahme der "Morgenröte von Nemunas" in die Regierung geplant. Kritik hatte es auch von Vertretern Israels, der USA und Deutschlands gegeben. "Ein Bündnis mit einer antisemitischen Partei ist mit unseren Werten unvereinbar", schrieb der SPD-Außenpolitiker und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Michael Roth, auf X. Zemaitaitis, der nicht für einen Regierungsposten vorgesehen ist, beteuerte in einem Schreiben an die Botschafter der EU- und NATO-Länder sowie Israels, dass er keine antisemitischen Ansichten vertrete.
Litauen grenzt im Westen an Russlands Ostsee-Exklave Kaliningrad und im Osten an Belarus. Im Wahlkampf spielte daher neben den hohen Lebenshaltungskosten vor allem das Thema Sicherheit eine wichtige Rolle. Das baltische Land mit seinen 2,8 Millionen Einwohnern fürchtet, ein weiteres Ziel Russlands zu werden, sollte Moskau mit seinem Krieg in der Ukraine Erfolg haben.
haz/kle (dpa, afp, rtr)