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Armut in EU nimmt zu

Christoph Hasselbach8. Januar 2013

Die EU-Kommission sieht ein gefährliches soziales Auseinanderdriften der Eurozone. Vor allem bei Arbeitslosigkeit und Armutsgefährdung entfernen sich Norden und Süden immer mehr voneinander.

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Bettelnde Frau am Syntagma Platz in Athen(Foto:Dimitri Messinis/AP/dapd).
Syntagma Platz in AthenBild: AP

Die Dauerwirtschaftskrise fordert ihren Tribut in Europa. Nicht nur die Arbeitslosigkeit steigt auf immer neue Höhen. Es wird für Arbeitslose auch immer schwieriger, eine neue Beschäftigung zu finden. Und immer mehr Menschen sind von Armut bedroht. Im Sozialbericht von EU-Kommissar Laszlo Andor heißt es lapidar: "Die Haushaltseinkommen sind gefallen, und das Armutsrisiko nimmt beständig zu." Doch nicht alle Bevölkerungsgruppen sind gleichermaßen betroffen. Andor nennt vor allem junge Erwachsene, arbeitslose Frauen und alleinerziehende Mütter, die besonders gefährdet sind, in Dauerarmut abzugleiten.

Zu Beginn der Krise hatten sich Kommission und Mitgliedsstaaten noch einiges von den sogenannten automatischen Stabilisatoren versprochen: Die Sozialsysteme sollten einiges abfangen. Wegen sinkender Steuereinnahmen und steigender Sozialausgaben fehle vielen Staaten aber einfach der finanzielle Spielraum, um die Haushaltseinkommen vor den Folgen der Krise zu schützen.

Eine bettelnde ältere Frau in Spanien (Foto: Getty Images)
Grenzen des Wohlfahrtsstaats? Armut in SpanienBild: Getty Images

Zwischen Österreich und Spanien liegen Welten

Doch von Durchschnittswerten in der Europäischen Union zu sprechen, führt nicht so recht weiter. Denn das ist das vielleicht Beunruhigendste: Die EU und vor allem die Eurozone spaltet sich immer mehr auf in einen relativ stabilen Norden und einen immer weiter absteigenden Süden. Beispiel Arbeitslosigkeit: Waren in Österreich laut den jüngsten Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat nur 4,5 Prozent der Erwerbsfähigen ohne Arbeitsstelle, finden beim Spitzenreiter Spanien 26,6 Prozent keinen Job. Für Jugendliche sieht es in Spanien und Griechenland noch viel düsterer aus. Mehr als jeder zweite ist dort ohne Arbeit. Zwischen einzelnen EU-Staaten klaffen also Welten.

Das Problem liegt laut Andor teilweise in falschen oder mangelnden Qualifikationen: "In Süd- und Osteuropa passen Qualifikationen und Arbeitsstellen nicht gut zusammen, und das hat sich noch verschlechtert." Viele Staaten befinden sich demnach in einem Teufelskreis aus Arbeitslosigkeit, sinkenden Steuereinahmen, sinkenden Investitionen, Rezession und noch mehr Arbeitslosigkeit. Dagegen sind die Haushaltseinkommen beispielsweise in Deutschland, Frankreich und Polen auch im Krisenjahr 2012 gestiegen.

Gewerkschaften wollen "chinesisches Modell" verhindern

Die Kommission sieht in der Auseinanderentwicklung Europas ein beunruhigendes "neues Muster". Als Lösung schlägt sie neben einer Qualifizierungsoffensive Arbeitsmarktreformen und eine Anpassung der Sozialsysteme vor. Auch der Europäische Sozialfonds werde angesichts der hohen Arbeitslosigkeit "absolut unverzichtbar" bleiben. Mindestlöhne könnten ebenfalls helfen, so lange sie ein Land nicht aus dem Wettbewerb drängten.

Containerkran (Foto: picture-alliance/dpa)
Deutsche Haushaltseinkommen sind 2012 gewachsenBild: picture-alliance/dpa

Patrick Itschert, stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsverbandes ETUC, hat selbstverständlich nichts gegen Mindestlöhne und Qualifizierungsmaßnahmen. Doch in einem Interview mit der Deutschen Welle geißelt er das, was er "blinde Sparpolitik" der Kommission nennt. "Arbeitsmarktreformen schaffen keine Arbeitsplätze. Ein Wettbewerb allein über niedrige Löhne soll den Europäern das chinesische Modell bringen. Das ist nicht, was wir wollen." Der Deutsche Gewerkschaftsbund reagierte auf den Kommissionsbericht mit der Forderung nach einem "Marshallplan für Europa". Die wachsende soziale Schieflage sei bisher "ein blinder Fleck der EU-Krisenpolitik" gewesen.