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GlaubeSpanien

Spanische Kirche will alle Missbrauchsopfer entschädigen

24. November 2023

Kehrtwende in Madrid: Die katholische Kirche Spaniens will entgegen ihrer bisherigen Haltung alle Opfer von sexuellem Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen finanziell entschädigen.

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Spanien Madrid | Cesar Garcia Magan, Generalsekretär der Spanischen Bischofskonferenz
Der Generalsekretär der Spanischen Bischofskonferenz, César García MagánBild: Gustavo Valiente/dpa/EUROPA PRESS/picture alliance

Zum Abschluss ihrer fünftägigen Vollversammlung in Madrid teilte die Spanische Bischofskonferenz (CEE) mit, man habe einen umfassenden Wiedergutmachungsplan für Betroffene sexualisierter Gewalt gebilligt. Dieser Plan umfasse psychologische, soziale, spirituelle wie wirtschaftliche Aspekte. Bei den Opfern handelt es sich vor allem um Kinder und Jugendliche.

Man wolle alle Opfer von sexuellen Misshandlungen entschädigen, selbst in Fällen, in denen der Täter gestorben sei oder kein Gerichtsurteil vorliege, hieß es. Dies gelte auch für Fälle, die strafrechtlich verjährt seien oder aus anderen Gründen nicht mehr geahndet werden könnten. Die Kirche müsse nur die moralische Überzeugung haben, dass die Tat stattgefunden habe. "Das muss von Fall zu Fall geprüft werden. Und wenn man zu dieser moralischen Überzeugung gelangt, wird es eine Wiedergutmachung geben", erklärte CEE-Generalsekretär César García Magán. Dies solle so bald wie möglich geschehen.

"Wir empfinden Schmerz und Scham"

García Magán machte keine Angaben zu möglichen Geldbeträgen und ob die Kirche erwäge, Vermögenswerte zu verkaufen, um die Entschädigungen zu zahlen. "Im Prinzip sollten sie (die Entschädigungen) von den Tätern gezahlt werden, die das Verbrechen begangen haben, und gegebenenfalls auch von den beteiligten Institutionen. Wenn der Täter zum Beispiel verstorben ist, sollte die Institution zahlen", sagte er.

Die Entscheidung der Bischofskonferenz stellt eine Wende dar. Bisher hatte die katholische Kirche in Spanien Entschädigungszahlungen erst nach entsprechenden Gerichtsurteilen geleistet. Sie hatte sich bisher auch geweigert, Opfer in Fällen zu entschädigen, in denen der Missbrauchstäter gestorben war, was häufig vorkommt.

Der öffentliche Druck wächst

Die katholische Kirche in Spanien steht seit Ende Oktober wieder verstärkt unter öffentlichem Druck, nachdem ein vom Parlament beauftragter Ombudsmann seinen Bericht über sexuellen Missbrauch im kirchlichen Raum vorlegte. Dabei wurden zwar keine konkreten Opferzahlen genannt. Der Parlamentsbeauftragte stellte jedoch eine eigens in Auftrag gegebene Umfrage mit rund 8000 erwachsenen Teilnehmern vor, wonach 0,6 Prozent der Befragten angaben, Missbrauch durch Priester oder Ordensleute erlitten zu haben.

Kindesmissbrauch in Spaniens Kirche

Spanische Medien rechneten diesen Wert auf die Gesamtbevölkerung des Landes hoch und kamen so auf mehr als 200.000 Betroffene. Die Bischofskonferenz hält diese Zahl für übertrieben, stellte ihre eigenen Untersuchungsergebnisse allerdings noch nicht vor. Der Ombudsmann und Untersuchungsleiter Ángel Gabilondo schlug nach seinem Bericht einen staatlichen Entschädigungsfonds für die Opfer vor.

Im Juni hatte ein Bericht der spanischen Kirche ergeben, dass 728 Mitglieder der Kirche zwischen 1945 und 2022 in kirchlichen Institutionen mindestens 927 Minderjährige sexuell missbraucht haben. Es handele sich jedoch nicht um eine abschließende Zahl, da die Anlaufstellen der Kirche für Betroffene ihre Arbeit fortsetzten, stand in dem Bericht. "Wir empfinden Schmerz und Scham", sagte García Magán damals. Man wolle der Geißel des Missbrauchs ein Ende setzen.

kle/ack (dpa, kna, rtre)