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Politik

SPD-Rebellin Lange fordert Nahles heraus

14. April 2018

Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange will es wissen: Beim SPD-Parteitag am 22. April tritt sie gegen Favoritin Andrea Nahles an. Im DW-Interview erklärt sie ihre Kampfkandidatur um den Parteivorsitz.

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Simone Lange Oberbürgermeisterin von Flensburg
Bild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Ihre Kandidatur für den Bundesvorsitz der SPD kommt in weiten Teilen der SPD-Basis gut an. Viele Mitglieder schätzen es, dass sie mit Simone Lange eine Alternative zu Andrea Nahles haben, die vom Bundesvorstand der Partei nominiert worden ist.

Bei der Parteiführung allerdings eckt die Flensburger Oberbürgermeisterin an: So hatte Lange sich gegen die Große Koalition ausgesprochen, die die SPD nach dem Mitgliederentscheid mit der CDU eingegangen ist. 

All dies hat dazu geführt, dass ihre Kandidatur für den Parteivorsitz von der Parteiführung eher zurückhaltend aufgenommen worden ist. So habe sie zum Bundesvorstand bislang keinen Kontakt gehabt, und zu Andrea Nahles nur einen ganz kurzen, berichtet Lange im DW-Interview. "Sie hatte mich mal gefragt ob wir mal auf einen Kaffee uns treffen könnten, und dann hatte sie aber leider doch keine Zeit".

Eine Frau mit Ordnungssinn

Lange ist eine ausgebildete Polizistin - und eine Frau mit Ordnungssinn. So störte sie sich daran, dass der SPD-Bundesvorstand Andrea Nahles als kommissarische Vorsitzende einsetzte - ein Prozedere, das gegen die Parteisatzung verstößt. "Wie sollen die Menschen an uns glauben, wenn wir selber unser Regelwerk nicht mehr ernst nehmen?", begründet Lange die politischen Hintergründe ihrer Entscheidung.

Sie habe der Partei zeigen wollen, dass es auch anders geht. "Und jetzt hat der Parteitag eine Wahl zwischen Andrea Nahles und mir, und das ist eine ganz, ganz tolle Sache, wie ich finde."

Lange wuchs in der DDR auf, als die Mauer fiel, war sie 13 Jahre alt. Das Leben in einer Diktatur habe sie motiviert, sich für Freiheit und den Rechtsstaat einzusetzen. "Dass wir Demokratie erhalten, dass wir Freiheit erhalten, finde ich ein ganz großes Gut."

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Kompliment von Simone Lange an die konkurrierende Genossin Andrea Nahles: Sie ist durchsetzungsstark Bild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

Pragmatismus als Prinzip

Eigenständiges Engagement hat sie auch als Oberbürgermeisterin von Flensburg bewiesen. Ihr wichtigstes Prinzip dort: Pragmatismus, die Überwindung ideologischer Scheuklappen. Simone Lange hat im Kieler Stadthaus die unterschiedlichsten Parteien für sich eingenommen: die CDU, DIE GRÜNEN ebenso wie DIE LINKE. "Wir haben es einfach verstanden, dass man Bündnisse schmieden muss, um Mehrheiten zu bilden und wenn man politische Ziele durchsetzen will, braucht man Mehrheiten."

Die organisiert sie nun auch für den Kampf um den SPD-Bundesvorsitz. 80 Ortsvereine hat sie bereits für sich gewonnen - allerdings gibt es insgesamt mehr als 12 000. Natürlich weiß sie, dass sie "definitiv" noch viel Arbeit vor sich hat. "Aber es kommt flächendeckend aus der ganzen Bundesrepublik Zustimmung, die sich nicht auf den Norden, Süden, Osten oder Westen konzentriert, sondern aus Ortsvereinen aus der ganzen Republik, die sich gemeldet haben."

Kritik an Hartz IV

Die allein erziehende Mutter zweier schulpflichtiger Kinder hält die Hartz IV-Gesetzgebung für einen Fehler, den sie korrigieren will. Gewiss, Hartz IV habe dazu beigetragen, dass Deutschland insgesamt reicher geworden ist, räumt sie ein. "Aber wir haben das höchste Armutsrisiko in Europa. Das ist das, wo wir als Sozialdemokraten hinschauen müssen."

Simone Lange: "Ich werde ihr zeigen, dass ich stärker bin"

Um diese Menschen habe sich die SPD nicht hinreichend gekümmert, "und deswegen kann ich auch nachvollziehen, dass wir seit 15 Jahren ein Viertel unserer Mitgliedschaft verloren haben. Die Menschen erwarten das von der Sozialdemokratie und von keiner anderen Partei." Es sei ihr klar, dass der Kampf gegen Armut Geld koste. "Deswegen müssen wir über funktionierende Umverteilungsmechanismen reden."

Ein Gefühl von Rückenwind

Mit Andrea Nahles steht Lange eine mächtige Konkurrentin gegenüber. Eigentlich, könnte man meinen, ist Langes Kandidatur von Anfang an aussichtslos. Sie selbst sieht es anders. Sie habe sich der Partei bundesweit vorgestellt und dabei viel Rückenwind verspürt, sagt Lange. "Ich weiß, ich hab eine Chance. Sicherlich ist das eine andere Chance, als Frau Nahles sie mitbringt, aber ich habe eine, und das ist entscheidend."

Genau zehn Minuten hat sie am am 22. April auf dem Parteitag, um diese Chance wahrzunehmen. Solange dürfen die Kandidaten für die Führungsspitze der SPD sprechen. Für Lange ein Afront, mit dem die "Würde des Amtes untergraben" wird. "Es geht um das höchste Amt der Sozialdemokratie in Deutschland. Das ist absolut wesentlich." Ein gutes Wort hat Lange aber für ihre Konkurrentin durchaus übrig. "Andrea Nahles ist durchsetzungsstark, das schätze ich, und ich werde ihr aber zeigen, dass ich stärker bin."

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika