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Politik

SPD stimmt für Aufnahme von GroKo-Verhandlungen

21. Januar 2018

Tief gespalten hat sich die SPD auf ihrem Parteitag in Bonn gezeigt. Am Ende hat Martin Schulz seine Genossen überzeugt: Sie wollen weiter über eine Große Koalition reden. Doch das dürfte schwierig werden.

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Außerordentlicher SPD-Parteitag SPD-Parteivorsitzender Martin Schulz
Bild: picture alliance / Federico Gambarini/dpa

Um halb fünf am Nachmittag ist klar: Die SPD will mit Merkels CDU und der CSU weiter über eine Regierungskoalition reden. Rund 56 Prozent der Parteitagsdelegierten stimmen dafür. Mit einem etwas müden Lächeln quittiert Martin Schulz das Ergebnis. Zuvor hatte der Vorsitzende die Sozialdemokraten in einer einstündigen Rede im Bonner World Conference Center darauf eingeschworen, wieder an der Seite Merkels Regierungsverantwortung zu übernehmen. Oder doch zumindest in Koalitionsgesprächen "auszuloten, was zur Verbesserung des Lebens der Menschen, des Landes und Europas möglich ist."

Schulz zählte auf, was man mit den Konservativen bereits in Sondierungsgesprächen vereinbart habe. Die Rückkehr zu gleichen Krankenkassenbeiträgen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine Einschränkung von Waffenexporten aus Deutschland. Eine Grundrente und die Sicherung des Rentenniveaus.

Die Suche nach dem Leuchtturm

Doch auch Schulz schien zu merken, dass keiner dieser Punkte für echte Begeisterung bei den Genossen sorgt. Ja, er würde oft nach "Leuchttürmen" gefragt, die man in den Gesprächen mit CDU und CSU erreicht habe, so Schulz. Was gibt es an großen Projekten, Herzensanliegen, mit denen sich die SPD profilieren kann? "Die größte Bildungsoffensive in der jüngeren Geschichte der BRD ist ein Leuchtturm.", sagt Schulz. Zuvor hatte schon die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer für eine Reform der Bildungspolitik in einer Großen Koalition geworben. Doch weder sie noch Schulz erhielten dafür großen Applaus der Delegierten.

Bonn Außerordentlicher SPD-Parteitag in Bonn Protest gegen die große Koalition
Lautstark im Saal: die Gegner einer großen KoalitionBild: Reuters/T. Schmuelgen

Als er einen Anruf Emmanuel Macrons erwähnte, erntete der Parteivorsitzende sogar etwas höhnisches Gelächter. Der Versuch, ein Stück vom Licht des französischen Präsidenten auf sich selbst umzulenken, geht gehörig schief. Am Ende dürfte es nicht Schulz‘ Rede gewesen sein, die seine Partei auf Linie mit dem Vorstand gebracht hat. Viele SPDler hat wohl eher die Angst vor Neuwahlen umgetrieben - denn aktuellen Umfragen zufolge landen die Genossen derzeit bei mageren 20 Prozent oder sogar weniger.

Zwerge, Riesen und Vögel

Andrea Nahles brachte es nach knapp vier Stunden Parteitag auf den Punkt:  "Ich will und möchte keine Neuwahlen", so die SPD-Fraktionschefin im Bundestag. Sie habe aber Angst vor den Fragen der Bürger, wenn die SPD in Neuwahlen gehe, anstatt große Teile ihres Programms in der Regierung umzusetzen, so Nahles. "Die zeigen uns den Vogel", sagte die SPD-Fraktionschefin.

Nahles sprach deutlich kämpferischer als ihr Parteichef, einige im Saal sehen in ihr die nächste Vorsitzende der SPD. Am Ende ihres lauten und engagierten Auftritts erhält sie deutlich mehr Applaus als Schulz. Im Drei-Minuten-Takt hatten sich die Delegierten zuvor mit Wortbeiträgen abgelöst. Zunächst überwogen dabei die Gegner einer großen Koalition. Sie erhielten auch deutlich mehr Applaus aus dem Plenum der etwa 600 Delegierten.

Außerordentlicher SPD-Parteitag Juso-Bundesvorsitzender Kevin Kühnert
Konnte sich am Ende nicht durchsetzen: Juso-Chef Kevin Kühnert Bild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

Der heimliche Star auf dem Parteitag ist dabei Kevin Kühnert. Auf den Gängen wird der Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation von seinen Mit-Jusos zum gemeinsamen Selfie überredet, auf der Bühne ist er es, der die Delegierten am stärksten mitreißt. Der Gang in die Opposition sei der einzig richtige Weg, um endlich wieder Wahlen zu gewinnen, meint Kühnert. "Das heißt, heute einmal ein Zwerg sein, um zukünftig vielleicht wieder Riese sein zu können."

"Verhandeln, bis es quietscht"

Die Gegner einer "Selbstverzwergung" der Sozialdemokratie haben sich nun durchgesetzt. Man habe sich für das kleinere Übel im Vergleich zu Neuwahlen entschieden, so der Grundtenor nach der Entscheidung im Saal. Für Angela Merkel wird die SPD nach dieser knappen Entscheidung jedoch kein einfacher Partner in Koalitionsverhandlungen. "Wir werden verhandeln, bis es quietscht auf der anderen Seite. Und wir werden weitere gute Sachen rausholen", verspricht Andrea Nahles.

Denn wenn die Verhandler rund um Martin Schulz nicht weitere Türme zum Leuchten bringen, dann könnten die SPD-Mitglieder die großen Koalition doch noch abblasen. Sie werden nämlich nach den Koalitionsgesprächen über eine Regierungsbeteiligung ihrer Partei abstimmen. Vier Monate nach der Wahl ist eine neue Regierung in Deutschland heute nur ein kleines Stück näher gerückt.