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Spionageaffäre gefährdet TTIP

12. Juli 2014

Die Affäre um mutmaßliche US-Spione beim Bundesnachrichtendienst und im Verteidigungsministerium belastet das transatlantische Verhältnis. Politiker aller Couleur sehen das Freihandelsabkommen TTIP in Gefahr.

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Symbolbild Flaggen USA & EU & Deutschland
Bild: picture-alliance/dpa

"Die amerikanische Geheimdienstpolitik ist ein Förderprogramm für den Antiamerikanismus in Europa", sagte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, im Südwestrundfunk. Die USA hätten mit dem Einsatz von sogenannten Maulwürfen in Deutschland einen "schweren politischen Fehler" begangen.

Thomas Oppermann SPD
Oppermann: "Einsatz von 'Maulwürfen' in Deutschland ein politischer Fehler"Bild: dapd

Sein Parteikollege und Bundesjustizminister Heiko Maas warnte in der "Frankfurter Rundschau" vor negativen Auswirkungen der Affäre auf die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP): "Wir brauchen für ein solches Abkommen ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Zustimmung in Deutschland. Und die läuft uns im Moment wegen der Spionageaffäre davon."

TTIP-Verhandlungen aussetzen

Auch aus der Union sind vermehrt kritische Stimmen zu hören. CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach plädierte im Deutschlandfunk für eine Aussetzung der Gespräche: "Mein Rat: Jetzt mal eine Zäsur bei den Verhandlungen, um mal über Datenschutz und Datensicherheit mit den Amerikanern zu sprechen." Gerade Wirtschafts- und Industriespionage sei für eine exportstarke Nation wie Deutschland mit vielen wissensbasierten Produkten von riesigem Nachteil, so Bosbach.

Wolfgang Bosbach
Bosbach: "Zäsur bei Verhandlungen, um mit den USA über Datenschutz zu sprechen"Bild: picture-alliance/dpa

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses forderte eine Stärkung der deutschen Spionageabwehr. Das Bundesamt für Verfassungsschutz müsse dafür besser ausgestattet werden, so Bosbach.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte im ZDF, das Vertrauensverhältnis zu den USA sei durch die Affäre erschüttert. Zwischen beiden Staaten gebe es "grundsätzlich unterschiedliche Ansichten" zur Arbeit der Nachrichtendienste. Jetzt gehe es darum, diese Differenzen mit den USA "sehr ruhig und beharrlich" zu erörtern. Merkel betonte, Deutschland wolle die Kooperation der Geheimdienste fortsetzen. Zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit passe das gegenseitige Ausspionieren jedoch nicht.

Ökonomen warnen vor Gesprächsstopp

Führende Wirtschaftsexperten forderten dagegen, das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA nicht infrage zu stellen. "Dies würde langfristig der deutschen Wirtschaft eine große Chance nehmen, neue Märkte zu erschließen, und auch dem deutschen Konsumenten schaden", sagte der Präsident des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, der "Handelsblatt"-Online-Ausgabe.

Der Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland (AmCham Germany), Bernhard Mattes, fürchtet eine politische Instrumentalisierung der TTIP-Verhandlungen: "Es wäre gefährlich, die wichtigen Gespräche im Sinne der Politik zu missbrauchen", sagte Matthes in der "Rheinischen Post". Abkommen wirtschaftlicher Art mit den USA dürften nicht als Steigbügelhalter für eine etwaige Sanktionierung dienen, so der AmCham-Chef.

USA erst verstummt, jetzt verstimmt

Nach der Aufforderung der Bundesregierung an den Verbindungsagenten des US-Geheimdienstes, das Land wegen der Enttarnung mutmaßlicher amerikanischer Spione im BND und im Verteidigungsministerium zu verlassen, hatte die Regierung in Washington sich zunächst lange nicht geäußert. Dann aber zeigte sich die US-Administration zwischen den Zeilen ihrer diplomatischen Statements deutlich verstimmt.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, sagte, "Differenzen" im Bereich der Geheimdienste sollten über "bewährte private Kanäle" und nicht über die Medien beigelegt werden. Außerdem deutete er an, dass Washington die deutsche Reaktion auf die Spionagevorwürfe für überzogen halte. Die "starke und dauerhafte" Sicherheitspartnerschaft zwischen beiden Ländern werde aber "trotz der berichteten Differenzen" fortgesetzt.

Josh Earnest Sprecher Weißes Haus Washington
Earnest: "Differenzen über 'bewährte private Kanäle' beilegen"Bild: picture alliance/AP Photo

BND-Mitarbeiter von Österreich aus gelenkt

Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" vorab aus seiner neuesten Ausgabe (Montag) berichtet, wurde der mutmaßliche US-Spion im Bundesnachrichtendienst nicht von der Berliner US-Botschaft geführt. Demnach habe sich der 31-jährige BND-Mitarbeiter seit 2012 mehrmals mit CIA-Agenten aus der US-Botschaft aus Wien in Salzburg getroffen.

Bei den konspirativen Zusammenkünften hätten die Agenten von ihm geheime Dokumente erhalten und dafür Geld gezahlt, heißt es in dem Artikel.

Deutsche Fahnder versuchten nun, die Führungsoffiziere des Mannes zu identifizieren. Im Falle eines Strafverfahrens hätten sie laut "Spiegel" keinen Anspruch auf diplomatischen Schutz.

mak/kis (dpa, rtr)