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Kunst

Zu groß fürs Museum: Claes Oldenburg ist 90

28. Januar 2019

Monumentale Skulpturen sind das Markenzeichen von Claes Oldenburg. Einige hat der US-amerikanische Pop-Art-Künstler mit schwedischen Wurzeln auch in Deutschland aufgestellt.

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Gartensprüche im Businessbereich - Gartenschlauch von Claes Oldenburg
Elf Meter hoch und 125 Meter lang: Oldenburgs "Gartenschlauch" im Escholz-Park in FreiburgBild: picture-alliance/dpa/R. Haid

Er ist ein Pop-Art-Künstler, der gar keiner sein will: Claes Oldenburg hat es nicht so mit Labels. Er macht Kunst für alle. Kunst, die nicht ins Museum gehört, sondern in die Städte, so dass sie jeder sehen kann. Seine Skulpturen stehen an öffentlichen Orten in den USA und Europa und haben riesige Ausmaße. Viele sind mindestens zehn Meter hoch und zeigen Gegenstände, die jeder kennt: einen Lippenstift oder eine Eistüte, ein Taschenmesser oder einen Gartenschlauch. Doch all diese Gegenstände sind nicht willkürlich ausgesucht.

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Claes Oldenburg im Juni 2012 neben seinem Werk "Shoestring Potatoes, Spilling from a Bag, 1966" im Museum Ludwig in KölnBild: picture alliance/dpa/H. Kaiser

Oldenburg, dessen Spätwerk maßgeblich von seiner zweiten Frau, der niederländischen Bildhauerin und Kunsthistorikerin Coosje van Bruggen, beeinflusst ist, nimmt Bezug auf die Orte, an denen seine Objekte stehen. Sie erzählen, wenn man so will, Geschichten aus der Vergangenheit und holen sie in die Gegenwart. Beispiel Freiburg im Breisgau: Der Stühlinger Park, wo heute Oldenburgs Skulptur "Gartenschlauch" steht, war mal eine Schrebergartenanlage. Daran erinnert heute nichts mehr - außer eben der überdimensionale Gartenschlauch, ein wesentlicher Gegenstand eines Kleingartens. Das erste gemeinsame Werk des Künstler-Duos steht übrigens in Deutschland. Es sind die "Pool Balls" in Münster, drei Billardkugeln aus Beton.

Ein Polizeireporter wird Künstler

Geboren wird Claes Oldenburg am 28. Januar 1929 in Stockholm in Schweden. Er wächst wohlbehütet auf. Sein Vater ist Diplomat, seine Mutter Opernsängerin. 1936 siedelt die Familie in die USA über. Eine Künstlerlaufbahn strebt Claes Oldenburg zunächst gar nicht an. Er studiert englische Literatur und ist in jungen Jahren Polizeireporter in Chicago. Erst mit der Beförderung in die Redaktion kommt die Kehrtwende - hinter einem Schreibtisch will er nicht versauern.

Bildergalerie Claes Oldenburg Kunstwerke
"Floor Cake, 1962", eine "soft sculpture" aus Oldenburgs FrühwerkBild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

1956 zieht er nach New York, in die Kunstmetropole für Gegenwartskünstler, und eröffnet dort den Laden "The Store", zugleich Atelier und Galerie. In seinem "Kunstladen" stellt er lauter Konsumartikel aus, Nachbildungen von Alltagsgegenständen aus Gips oder Pappmaschee."

"The Store": Tante-Emma-Laden für Moderne Kunst

Auf den Straßen New Yorks sammelt er das Rohmaterial für seine Objekte zusammen. Dem Zeitgeist entsprechend veranstaltet er Happenings - schließlich ist Perfomancekunst gerade angesagt unter den jungen KünstlerInnen. Sie wollen den Kunstbetrieb auf den Kopf stellen. Auch wenn solche Performances für alle - für die Künstler und das Publikum - eine Qual gewesen seien, erinnert sich Oldenburg 2012 im Gespräch mit der Zeitung "Die Zeit".

Doch nach ein paar Jahren genügt ihm der Big Apple nicht mehr als Inspirationsquelle. Er geht nach Los Angeles und seine Kunstwerke plustern sich regelrecht auf. Er kreiert "Soft Sculptures", riesige Hamburger, Pommes und Tortenstücke, groß und weich wie Sofas. Doch nicht nur Essen hat es ihm angetan. Auch ein knautschiger Toilettensitz sowie Lichtschalter aus weichem Vinyl zählen zu seinem Frühwerk.

"Ich mag keine Kunst, die im Museum auf ihrem Hintern sitzt."

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Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen im Mai 1987 neben der Skulptur "Verrottete Apfelkitsche" im Kunstmuseum in KrefeldBild: picture alliance/Wilhelm Leuschner

Seine Kunst kommt an - bei Sammlern und Ausstellungsmachern. Ende der 1960er Jahre darf er im MoMA in New York ausstellen, ein paar Jahre zuvor hatte er seine Werke schon auf der Biennale in Venedig präsentiert.

Ab 1977 arbeitet er mit seiner Frau Coosje van Bruggen zusammen und ändert die Materialien: Statt weicher Stoffe verwendet er nun Stahl, Beton und harte Kunststoffe. Außerdem wachsen die Skulpturen weiter an. Allein ihre Ausmaße verwehren ihnen die Ausstellung im Museum. Auch das ist eine bewusste Entscheidung. Von Claes Oldenburg ist ein Satz überliefert, der deutlich macht, warum er seine Kunst änderte: "Ich mag keine Kunst, die im Museum auf ihrem Hintern sitzt." Im Januar 2009 stirbt van Bruggen. Es ist ein schwerer Schlag für Oldenburg. Es dauert einige Jahre, bis er sich wieder der Kunst widmen kann. Heute lebt und arbeitet er in New York.