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"Nicht zu schnell wieder in den Wettkampf"

25. Januar 2022

Welche Auswirkungen hat eine Corona-Infektion auf die Leistungsfähigkeit von Spitzensportlern? Immer mehr Genesene kehren auf die Sportbühne zurück, für manche kommt das "return to sport" allerdings zu früh.

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Handball EM Deutschland - Schweden | Hendrik Wagner
Hendrik Wagner (m.) klagt bei seinem Einsatz nach einer Corona-Infektion über AtemproblemeBild: Marco Wolf/picture alliance

Es war der eine Satz in der Spielanalyse, der aufhorchen ließ: Handball-Bundestrainer Alfred Gislason sagte nach der EM-Niederlage gegen Schweden in der ARD-Sportschau: "Wagner sagte nach drei Angriffen: 'Ich kriege keine Luft mehr.'" Natürlich habe er den gerade von einer Corona-Infektion genesenen EM-Debütanten dann nicht mehr einsetzen können, sagte Gislason.

Nationalmannschafts-Nachrücker Hendrik Wagner hatte einen Tag nach seiner Ankunft in der Slowakei am 16. Januar ein positives PCR-Ergebnis übermittelt bekommen und stand am 23. Januar nach sechs Tagen Isolation, zwei negativen PCR-Tests und einer eingehenden sportmedizinischen Untersuchung wieder auf dem Feld. Beim Aufwärmen für das Spiel hatte er noch signalisiert "topfit" zu sein.

"Beim Eintritt in die Belastung merkst du: Es geht nicht"

"Wir sehen das bei Corona häufig, dass genau dieses Phänomen auftritt: Nach der Infektion fühlen sich die Leute einigermaßen gut, aber sobald sie in die Belastung gehen, fällt auf, dass sie schnell kurzatmig werden, schnell der Belastungsabbruch kommt", sagt Sportmediziner Wilhelm Bloch von der Deutschen Sporthochschule Köln der DW. Nach einer Corona-Infektion sei die physiologische Anpassung an eine Belastung regelmäßig beeinträchtigt, so Bloch.

Der Sportmediziner plädiert deshalb für einen langsamen Wiedereinstieg und ein paar Tage Belastungstraining. "Aber von null auf hundert direkt in einen Wettkampf reingeschmissen zu werden - das ist natürlich schwierig", so Bloch. Beim Handball handele es sich um einen Sport mit hohen Belastungen für die Spieler. "In der Ruhephase hast du den Eindruck, es ist alles gut. Beim Eintritt in die Belastung merkst Du dann aber, es geht nicht", sagt Bloch.

Zwei Regionalliga-Spieler kollabieren nach Spiel

Der Fall Wagner ist allerdings kein Einzelfall im deutschen Sport. Viele Spitzenathleten klagten nach überstandener Corona-Infektion über Probleme. Joshua Kimmich vom FC Bayern etwa hielten zunächst Lungeninfiltrationen vom Trainings- und Spielbetrieb ab.

Deutschland Fußball Regionalliga Nord/Ost | Berliner AK
Der Fußball-Regionalligist Berliner AK muss viele Corona-Fällen händelnBild: Weiland/Fotostand/picture alliance

Die genesenen Fußballer Ugur Ogulcan Tezel und Kwabe Schulz vom Regionalligisten Berliner AK brachen nach der Partie gegen Carl Zeiss Jena Ende 2021 mit Herz-Kreislauf-Problemen zusammen und mussten notärztlich mit Sauerstoff versorgt werden.

Ist eine Corona-Infektion - selbst wenn sie harmlos verläuft - auch im Nachhinein eine Gefahr für Spitzensportler? "Ja", sagt Sportmediziner Bloch. "Vor allem, wenn man zu früh wieder anfängt." Zudem seien die beiden betroffenen Spieler ungeimpft gewesen. "Es gibt schon einen Grund, warum wir aus sportmedizinischer Sicht sagen, bei 'return to sport' oder 'return to competition' sollte man vorsichtig sein, weil der Sportler das auch nicht 100 Prozent selbst einschätzen kann. Die größte Gefahr, die wir sehen, ist eine Herzbeteiligung." Das Risiko bei geimpften Sportlern sei dafür aber deutlich geringer, betonte Bloch. Aber es bleibe immer ein Restrisiko.

In Peking genügen zwei negative PCR-Tests zum Freitesten

Nun stehen die Olympischen Spiele in Peking an - für die meisten Athleten der Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere. Die Angst, sich vor, während oder gar nach der Ankunft in China noch zu infizieren, schwingt allerdings immer mit. In Peking werden die Athletinnen und Athleten täglich per PCR-Test überprüft. Wer positiv getestet wird, wird umgehend isoliert. Allerdings könnte sich ein betroffener Sportler, falls er immunisiert ist und einen symptomlosen Verlauf hat, mit zwei negativen PCR-Tests innerhalb von 24 Stunden im besten Fall nach wenigen Tagen freitesten - und dann an den Wettkämpfen teilnehmen. Ein Risiko für die eigene Gesundheit?

Wilhelm Bloch
Sportmediziner Wilhelm BlochBild: Deutsche Sporthochschule Köln/dpa/picture alliance

"Ich gehe davon aus, dass die Sportler, die zu Olympia fahren, medizinisch voll gecheckt werden. Dass alles gemacht wird, um Risiken auszuschließen", sagte Bloch. "Einfach raustesten und dann in den Wettkampf - das halte ich für unwahrscheinlich. Denn die Mannschaftsärzte werden die Sportler erst gründlich untersuchen und dann nicht sofort in die Wettkämpfe lassen." Ultraschall und EKG seien vor Ort verfügbar, um die Herztätigkeit und die Herzwandmobilität zu überprüfen.

Aus dem Fall Wagner lerne man, "dass es wichtig ist, dass die Spieler Regenerationszeit bekommen müssen. Wir müssen die Gesundheit gewährleisten. Lieber ein, zwei Tage mehr warten, bevor man sie in die Belastung bringt. Wenn man mit Infektionskrankheiten zu tun hat, die nicht unproblematisch sind, sollte man auf die Mannschaftsärzte hören." Die Teamärzte vor Ort müssten eine gewissenhafte sportmedizinische Untersuchung durchführen.

Trotzdem sollten die Athleten vorsichtig sein: Auch Handballer Wagner ist internistisch und kardiologisch genau untersucht worden, fühlte sich selbst gesund und leistungsfähig. Ein Trugschluss, der noch weitere Sportler ereilen kann. Auch in Peking.