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Film

Netflix-Hit "Squid Game" wird Reality-Format

Bettina Baumann | Torsten Landsberg
15. Juni 2022

"Squid Game" ist die erfolgreichste Netflix-Serie - trotz oder gerade wegen ihrer Brutalität. Für die Fortsetzung sucht der Streaming-Anbieter nun reale Kandidaten.

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Filmszene aus "Squid Game": Menschen stehen unter einem leuchtende Glas-Ball, der mit Geld gefüllt ist.
In Staffel 2 von "Squid Game" geht es erneut um eine Menge Geld - diesmal für real existierende Menschen Bild: Netflix/Entertainment Pictures/ZUMAPRESS.com/picture alliance

Wer das Ende der ersten Staffel von "Squid Game" gesehen hat, dürfte es bereits geahnt haben: Gerade erst bestätigte Netflix offiziell, dass der koreanische Serienhit in die zweite Runde geht.

Lange hatten Fans in den Internet-Foren gerätselt, wie die Geschichte fortgesetzt werden könnte, ohne eine müde Wiederholung der ersten Staffel zu sein. Die überraschende Antwort hat der Streaming-Anbieter nun nachgereicht: als Reality-Format.

Genau wie in der fiktiven Vorlage, sollen 456 Kandidatinnen und Kandidaten in zahlreichen verschiedenen Spielen gegeneinander antreten. Für den Gewinner oder die Gewinnerin lobt Netflix ein Preisgeld in Höhe von 4,56 Millionen Dollar aus (rund 4,35 Millionen Euro). 

Wer "Squid Game" kennt, wird mit der Anmeldung womöglich zögern, denn die Serien-Charaktere, die in den einzelnen Spielrunden der ersten Staffel einen Fehler machen oder verlieren, ereilt dasselbe Schicksal: Sie sterben. Immerhin, so weit soll es bei "Squid Game - The Challange" nicht kommen. "Das größte Risiko ist, nicht zu spielen", heißt es im Trailer.

Reale Kandidatinnen und Kandidaten

Die Voraussetzungen für die Bewerbung um einen der Plätze sind überschaubar: Die Teilnehmer müssen mindestens 21 Jahre alt sein, Englisch sprechen und Anfang 2023 vier Wochen ihrer Zeit für die Aufnahmen freiräumen können.

Lee Jung-jae hält als Gi-hun in "Squid Game" einen Keks in die Höhe.
Vorbild für die realen Squid Gamer: Gi-Hun, gespielt von Lee Jung-JaeBild: Netflix/ZUMAPRESS/picture alliance

Mit der spektakulären Ankündigung gelingt Netflix zweierlei: Der ohnehin realistisch inszenierte Plot wird auf die Spitze getrieben, weil im Reality-Format alle moralischen Fragen, die sich das Publikum beim Streamen stellen konnte, keine theoretischen mehr sein werden. Und: Netflix könnte ein Befreiungsschlag gelingen - heraus aus einem lange Zeit unbekannten Tief.

Einbruch der Nutzerzahlen

Die Fortsetzung von "Squid Game" dürfte erneut Millionen Menschen vor die Bildschirme locken. Doch wird die Serie - neben dem Erfolgshit Stranger Things, von dem gerade die vierte Staffel an den Start ging - Netflix' Einbußen bei den Nutzerzahlen wieder wett machen?

200.000 Abonnentinnen und Abonnenten hat der Streamingdienst zum ersten Mal seit 2011 im ersten Quartal verloren. Für das zweite erwartet Netflix den Verlust weiterer zwei Millionen. Als Ursachen führt der Dienst unter anderem die Inflation sowie den langsameren Anstieg des Anteils von Smart-TVs an.

Außerdem den Krieg in der Ukraine, mit dem Netflix auf einen Schlag 700.000 Nutzerinnen und Nutzer verlor - weil man das Russlandgeschäft stoppte. Außerdem ist in den vergangenen Jahren mit Anbietern wie Disney, Amazon Prime oder Apple die Konkurrenz immer größer geworden.

Netflix-Aktie verliert dramatisch

Die Netflix-Aktie ist massiv eingebrochen und hat binnen kurzer Zeit 40 Prozent an Wert eingebüßt - etwa 50 Milliarden Dollar.

Um wieder auf Erfolgskurs zu kommen, hat Netflix verschiedene Ideen. Geteilte Abos könnten künftig teurer werden. Außerdem wird an einem günstigeren Abo mit Werbung gearbeitet. Und nicht zuletzt sollen quotenversprechende Fortsetzungen - wie jetzt eben die von "Squid Game" als Reality Show - das Ruder wieder herumreißen. 

Vergangenes Jahr wurde "Squid Game" zur erfolgreichsten Netflix-Serie überhaupt: 142 Millionen Haushalte schalteten sie allein in den ersten vier Wochen nach ihrem Erscheinen im Herbst 2021 ein. In über 90 Ländern landete sie auf Platz 1.

Kinderspiele gepaart mit expliziter Gewalt

Erst vor zwei Tagen hatte Netflix die Fortsetzung der Serie offiziell bestätigt und auf Twitter einen kurzen Clip veröffentlicht, der - wahrscheinlich - das Killerauge der "Young-Hee"-Puppe aus Staffel 1 zeigt und mit der typischen, harmlos anmutenden, aber angesichts der brutalen Geschichte furchteinflößenden Kindermusik untermalt ist.

Es ist wohl die Mischung aus einfachen Kinderspielen und ungeheurer Brutalität, die die Menschen so sehr faszinieren. Dazu die tragischen Geschichten der Protagonisten, die sich überhaupt erst aus ihrer Not heraus auf das Spiel einlassen - und schlimmstenfalls mit dem Tod bezahlen. Denn nur, wer alle sechs Kinderspiele meistert, darf die 45,6 Milliarden Won (etwa 33 Millionen Euro, Stand 2021) am Ende mit nach Hause nehmen. Die Verlierer werden Spiel für Spiel skrupellos durch Hinrichtung eliminiert.

Trotz der rohen Gewalt, die "Squid Game" zweifelsohne zeigt, wurde die Serie immer wieder gelobt: etwa als Spiegelbild der südkoreanischen Gesellschaft, in der die sozialen Unterschiede weit auseinanderklaffen. Die Corona-Pandemie verstärkte die Schere zwischen Arm und Reich nochmal.

Spiegel der koreanischen Gesellschaft

Letztlich verhalf sie Regisseur und Drehbuchautor Hwang Dong-hyuk dazu, dass sein Drehbuch endlich Gehör fand - sage und schreibe zwölf Jahre war es in der Pipeline. Corona habe die Geschichte salonfähig gemacht, erzählte er dem Wallstreet Journal vergangenes Jahr. "Die Welt hat sich verändert. Im Vergleich mit dem, was vor zehn Jahren war, machen all diese Punkte die Geschichte für die Menschen heute sehr realistisch."

Ein Wegbereiter für den Erfolg von "Squid Game" war sicherlich auch der koreanische Film "Parasite", der 2019/20 den Oscar und die Goldene Palme in Cannes gewann. Auch hier ist die koreanische Gesellschaftsstruktur das zentrale Thema.

Dieser Artikel wurde am 15. Juni 2022 aktualisiert.