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Steht das Filmstudio Babelsberg vor dem Aus?

19. August 2023

Klassiker wie "Metropolis" und "Der Blaue Engel" haben Kinogeschichte geschrieben. Auch heute beherbergen die Filmstudios vor den Toren Berlins internationale Dreharbeiten. Ein neuer Investor könnte dem ein Ende setzen.

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Filmszene "Der blaue Engel" | Marlene Dietrich als Lola auf der Bühne
"Der blaue Engel" machte Marlene Dietrich weltberühmt - gedreht wurde der Welterfolg in BabelsbergBild: dpa/picture alliance

Nur ein schmales Gewässer, der Griebnitzsee, trennt Babelsberg vom äußersten Südwesten der deutschen Hauptstadt Berlin. Weltberühmt ist der Potsdamer Stadtteil nicht wegen seines Schlosses im englischen Tudor-Stil, sondern wegen des Studios Babelsberg, in dem seit mehr als 100 Jahren teils legendäre Filme gedreht werden. 

Doch nun befürchtet die deutsche Kulturszene das Ende des ältesten Großatelier-Filmstudios der Welt. Seit April kann ein neuer Investor allein über die unternehmerischen Entscheidungen der Studio Babelsberg AG bestimmen.

Hat Deutschland als Produktionsland ausgedient?

Bereits Anfang 2022 hatte das Unternehmen Kino BidCo, das zum Portfolio der US-Investmentgesellschaft TPG Capital gehört, die Mehrheitsanteile der Studio Babelsberg AG übernommen. Seither hätten kaum noch Dreharbeiten stattgefunden, sagte der deutsche Regisseur und ehemalige Vorstandsvorsitzende der Filmstudios, Volker Schlöndorff. Im Kulturradio des öffentlich-rechtlichen Senders RBB sagte der Oscar-Gewinner ("Die Blechtrommel", bester fremdsprachiger Film 1980): "Die Gefahr, dass man das Studio Babelsberg aushungern oder an die Wand fahren will, besteht."

Zuvor hatte Andy Weltman, aktueller Co-Vorstandschef in Babelsberg, eine maue Auftragslage eingeräumt und Steueranreize gefordert. Diese sollten Deutschland als Drehort international wettbewerbsfähig machen und dafür sorgen, dass es "wieder eine weltweit führende Rolle" in der Filmproduktion einnehmen könne. Laut einer Prognose aus dem Jahr 2021 rechnet die Branche damit, dass die Umsätze bis 2025 - wie schon in den vergangenen zehn Jahren - bei rund 10,5 Milliarden Euro stagnieren.

Stützt die deutsche Regierung die heimische Filmindustrie?

Anfang der Woche dann hatte sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz  bei einem Besuch in Babelsberg dafür ausgesprochen, das milliardenschwere Geschäft mit Film- und TV-Produktionen in Deutschland aufrechtzuerhalten. Scholz kündigte an, Filmförderprogramme in anderen Ländern zu prüfen und spätestens 2024 "weitreichende Entscheidungen" zu treffen. Die Film- und Fernsehproduktion müsse "hier und an anderer Stelle in Deutschland aufrechterhalten werden. Denn wenn es einmal weg ist, ist es schwer wieder aufzubauen."

Bundeskanzler Scholz in Hemd und Sakko blinzelt von der Sonne geblendet
Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich für den Erhalt der Film- und Fernsehproduktion in Deutschland ausBild: Kay Nietfeld/picture alliance/dpa

Welterfolge "Made in Babelsberg"

Die Babelsberger Filmstudios sind nicht die einzigen Produktionsstudios in Deutschland, aber sie gelten als Wiege des deutschen Films. Hier drehte Fritz Lang 1927 seinen wegweisenden Stummfilm-Klassiker "Metropolis" und Hanns Schwarz 1929 mit "Melodie des Herzens" den ersten deutschsprachigen Tonfilm überhaupt. Marlene Dietrichs kometenhafte Karriere begann 1930 mit dem in Babelsberg entstandenen Welterfolg "Der blaue Engel".

Nachdem die totalitären Regime Nazi-Deutschlands und der Deutschen Demokratischen Republik die Studios vor allem zur Produktion von Propagandafilmen benutzt hatten, wurden sie nach der Wende privatisiert. Die neuen Investoren modernisierten die Studios und bauten sie aus. Heute gehören 21 topmoderne Filmstudios, rund 17 Hektar Freiluftkulissen und Europas größtes Requisitenlager dazu.

In den vergangenen Jahren entstanden hier unter anderem Szenen der Science-Fiction-Reihe "Die Tribute von Panem" und Oscar-prämierter Werke wie Wes Andersons "Grand Hotel Budapest" und Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds".

jdw/rb (Reuters, dpa, epd)