Steinmeier und Rivlin betonen Freundschaft
1. Juli 2021Die Präsidenten Israels und Deutschlands, Reuven Rivlin und Frank-Walter Steinmeier, haben angesichts politischer Umbrüche in ihren Ländern die gemeinsamen Interessen betont. Beide Staaten kämpften gegen Antisemitismus, Rassismus und Hass, sagte Rivlin in Jerusalem bei einem Gespräch mit Steinmeier. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei dabei eine "enge Mitstreiterin". Steinmeier erklärte seinerseits: "Der Antisemitismus ist nach wie vor in der Welt und wir müssen ihn weiter bekämpfen, wo immer er sein hässliches Haupt erhebt - niemals dürfen wir vergessen."
"Verhindern, dass sich der Iran nuklear bewaffnet"
Steinmeier wies zudem - wie auch Rivlin - auf die vom Iran ausgehende destabilisierende Wirkung für die ganze Region hin. "Es geht uns darum, dass wir auf jeden Fall verhindern müssen, dass sich der Iran nuklear bewaffnet." Uneinig seien sich Deutschland und Israel allenfalls in der Frage, wie dies geschehen könne.
Steinmeier ging auch auf den israelisch-palästinensischen Konflikt ein. "Eine gute Zukunft wird es am Ende nicht geben ohne eine politische Lösung", sagt er. Er habe so recht noch keine Alternativen zur Zweistaatenlösung gehört. Im Moment gehe es vor alle darum, "ein Mindestmaß an Vertrauen zwischen der neuen israelischen Führung und der palästinensischen Seite aufzubauen", so der Bundespräsident weiter.
Steinmeier und Rivlin besuchten auch gemeinsam die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. "Aus der deutschen Verantwortung für die Shoah verpflichten wir uns: Nie wieder!", schrieb Steinmeier ins Gästebuch der Stätte. Anschließend nahm er an einer Gedenkfeier in der "Halle der Erinnerung" teil und legte im Gedenken an die sechs Millionen jüdischen Opfer des Holocaust einen Kranz nieder. In seinem Eintrag in das Gästebuch rief er zum Wachhalten der Erinnerung "um der Ermordeten und der künftigen Generationen willen" auf.
"Deine Amtszeit endet, unsere Freundschaft bleibt"
Steinmeiers Staatsbesuch fällt in eine Zeit des Umbruchs in Israel. Seit kurzem wird das Land von einer Acht-Parteien-Koalition regiert. Rivlin scheidet in wenigen Tagen aus dem Amt. Auch in Deutschland könnte es bei der Bundestagswahl im September einen Regierungswechsel geben. Steinmeier und Rivlin sind eng miteinander befreundet und nutzten den Besuch, um voneinander Abschied zu nehmen. "Lieber Ruvi, deine Amtszeit endet, unsere Freundschaft bleibt", sagte Steinmeier am Ende seiner emotionalen Ansprache. Rivlin antwortete lächelnd mit "Dankeschön", bevor sich beide umarmten.
Das palästinensische Außenministerium kritisierte unterdessen Aussagen Steinmeiers zur Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag. Hintergrund sind Ermittlungen des Gerichts auch gegen Israel wegen Kriegsverbrechen in den Palästinensergebieten. Das Ministerium verurteilte, dass Steinmeier sich "von den Regeln des internationalen Rechts" abwende und sich in die Arbeit des Internationalen Gerichtshofes einmische, wie die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete.
"Es gibt keinen palästinensischen Staat"
Steinmeier hatte in einem Interview der linksliberalen Zeitung "Haaretz gesagt: "Die Position der deutschen Regierung ist, dass der Internationale Strafgerichtshof keine Zuständigkeit in diesem Fall hat, weil es keinen palästinensischen Staat gibt."
Die Anklage des Internationalen Strafgerichtshofes hatte im März offiziell Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in den Palästinensergebieten eingeleitet. Sie hatte zuvor festgestellt, es gebe begründeten Verdacht für Verbrechen, begangen von "Mitgliedern der israelischen Armee, israelischen Behörden, Hamas und palästinensischen bewaffneten Gruppen". Untersucht werden sollen Vorfälle ab Mitte Juni 2014, also auch der Gaza-Krieg vom Sommer 2014. Das Gericht hatte im Februar festgestellt, dass es auch für die seit 1967 besetzten Gebiete wie das Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalems und den Gazastreifen zuständig sei. Israel erkennt den Strafgerichtshof nicht an und verweigert die Zusammenarbeit. Palästina ist seit 2015 Vertragsstaat des Weltstrafgerichts.
Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett kündigte derweil an, dass die jüdischen Siedler in Eviatar, einem Außenposten im Westjordanland, ihre selbst errichtete Siedlung vorerst aufgeben müssen. Demnach muss der Außenposten bis Freitag 15:00 Uhr MESZ geräumt sein. Die Siedlung war in den vergangenen Wochen unter Missachtung internationalen Rechts und israelischer Bestimmungen von den Siedlern errichtet worden.
Palästinenser aus einem benachbarten Dorf hatten vehement gegen den Außenposten protestiert. Bei Auseinandersetzungen mit der israelischen Armee nahe Eviatar wurden binnen eines Monats vier Palästinenser getötet. Nach internationalem Recht gelten alle israelischen Siedlungen im Westjordanland als illegal.
sti/kle (afp, dpa, epd, kna)