Steinmeier will Versöhnung mit Namibia vertiefen
24. Februar 2024In der Hauptstadt Windhuk sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Trauerfeier für den verstorbenen Präsidenten Hage Geingob, der Weg der Versöhnung, den beide Länder vor beinahe zehn Jahren eingeschlagen haben, sei nicht einfach gewesen. "Zusammen sind wir jedoch sehr weit gekommen - und wir wollen noch weiter gehen", erklärte er im Stadion der Unabhängigkeit.
Geingob war am 4. Februar mit 82 Jahren in einem Krankenhaus in Windhuk gestorben. Er hatte im Januar eine Krebserkrankung bekannt gegeben, war aber trotz der Behandlung im Amt geblieben. In seinem Heimatland wurde er als Freiheitsheld verehrt. Der Staatschef der ehemaligen deutschen Kolonie war der am längsten amtierende Regierungschef Namibias, bevor er 2014 erstmals zum dritten Präsidenten des afrikanischen Landes gewählt wurde. 2019 wurde er im Amt bestätigt.
Steinmeier lobt Versöhnungsbereitschaft Geingobs
In Deutschland werde er "für immer in Erinnerung bleiben, weil er den Mut hatte, dem deutschen Volk über den dunklen Abgrund unserer Geschichte hinweg die Hand zu reichen", sagte Steinmeier laut Redemanuskript. Der Bundespräsident sprach von einem "Abgrund aus Gräueltaten, die von Deutschen während der Kolonialherrschaft verübt wurden".
Steinmeier unterstrich in Windhuk: "Hoffentlich kann ich sehr bald und unter anderen Umständen nach Namibia zurückkehren, denn ich bin davon überzeugt, dass es an der Zeit ist, das namibische Volk um Entschuldigung zu bitten. Ich bedauere nur, dass unser Freund, der große Präsident Geingob, nicht mehr hier sein wird, um den Prozess zu vollenden, den er angestoßen hat." An diesem Sonntag nimmt der Bundespräsident an der Beerdigung Geingobs auf dem sogenannten Heldenacker teil.
Genozid des Kaiserreichs
Namibia - damals Deutsch-Südwestafrika genannt - war von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie. Das deutsche Militär schlug dort Aufstände gegen die Kolonialherrschaft brutal nieder. Zwischen 1904 und 1908 verübten Einsatzkräfte des Deutschen Kaiserreichs in der damaligen Kolonie einen Massenmord, der 80 Prozent der dort lebenden Herero und 50 Prozent der Nama auslöschte. Mehr als 80.000 Menschen wurden getötet oder verdursteten in der Wüste. Tausende Menschen wurden in Konzentrationslager gebracht. Historiker stufen die Vorgänge als ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts ein.
2015 nahmen Deutschland und Namibia Verhandlungen über Zahlungen und eine Entschuldigung für die Verbrechen auf. 2021 erkannte die Bundesregierung die Gräueltaten als Völkermord an. Zugleich sagte Deutschland ein Programm zur Unterstützung der Nachfahren der Herero und Nama in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zu. Rechtliche Ansprüche auf Entschädigung sollen sich daraus aber nicht ableiten lassen.
Streit um Entschädigungen
Das Versöhnungsabkommen von 2021 und die darin vorgesehenen Zahlungen Deutschlands für Entwicklungsprojekte in Namibia liegen derzeit auf Eis. Der Grund ist, dass die Bundesregierung es ablehnt, mit den Nachkommen der damaligen Opfer direkt über persönliche Entschädigungen zu verhandeln. Deutschland verhandele mit der namibischen Regierung, die völkerrechtlich ganz Namibia vertrete, so die Position der Bundesregierung. Die vorgesehenen Finanzhilfen sollen über einen längeren Zeitraum für Entwicklungsprojekte in den Gebieten der Herero und Nama eingesetzt werden.
kle/jj (epd, dpa, afp)
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