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Stellvertreterkrieg in Afrika

Heinrich Bergstresser20. Juni 2003

Der Krieg im Kongo dauert inzwischen mehr als vier Jahre. Angefacht wird er immer wieder von Interessenskonflikten und Rivalitäten zwischen den Nachbarländern Uganda und Ruanda.

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Opfer des jüngsten Massakers im KongoBild: AP

Die Demokratische Republik Kongo (DRC), das frühere Zaire, wird hin und her gerissen zwischen Friedensinitiativen in der Hauptstadt Kinshasha im Westen des Landes und regelmäßigen Massakern im Osten des riesigen Flächenstaates. Die Grenzgebiete des zentralafrikanischen Landes zu den östlichen Nachbarn Uganda und den Mini-Staaten Ruanda und Burundi bilden noch immer das zentrale Krisengebiet der Region, das den Krieg in der DRC und die militärischen Auseinandersetzungen zwischen der DRC, Uganda und Ruanda nährt.

Zwar sind die Kampfhandlungen im zurückliegenden Jahr deutlich abgeflaut. Und auch die Bildung einer legitimen Übergangsregierung in Kinshasa unter Präsident Joseph Kabila hat zur Entspannung in dem Großstaat geführt. Dennoch liefern die zahlreichen bewaffneten Auseinandersetzungen im Ostkongo nach wie vor die Grundlagen für die Fortdauer des ersten großen afrikanischen Krieges.

Ausgangspunkt: Völkermord in Ruanda

Dieser Krieg wurde im wesentlichen durch den Völkermord in Ruanda 1994 ausgelöst. Die Hutu-Minderheit schlachtete innerhalb weniger Wochen mindestens 800.000 Tutsis und moderate Hutus hin. Der aus Uganda stammenden Paul Kagame und seine Tutsi-Bewegung eroberten von Uganda aus Ruanda, und lösten damit einen Flüchtlingsstrom in den Osten der DRC aus, dem damaligen Zaire. Die meisten Flüchtlinge waren Hutu und Hutu-Milizen, die den Genozid begangen hatten. Der Krieg in Ruanda dehnte sich auf kongolesisches Territorium aus.

Der nun beginnende Krieg in der Ostregion erfasste das gesamte Land, und fegte 1997 den Präsidenten von Zaire, Mobuto Sese Seko, hinweg. Ugandas Staatschef Yoweri Museveni sah seine Chance gekommen, sich mit Hilfe seines politischen Ziehsohnes Paul Kagame und dessen Tutsi-Bewegung zum neuen starken Mann in der Region zu etablieren. Und der neue gemeinsame Feind hieß Laurent Kabila, selbst ernannter Präsident des zur DRC umgetauften Zaire, der im Januar 2001 einem Attentat zum Opfer fiel. Sein Sohn Joseph Kabila trat die Nachfolge an.

Museveni blieb erfolglos

Musevenis Traum vom starken Mann in Zentralafrika zerplatzte. Denn er konnte seinen Einflussbereich nicht wesentlich über die an Gold und Diamanten reiche Ituri-Provinz im Nordosten der DRC hinaus ausweiten. Auch sein Konzept vom "Teilen und Herrschen" in der gesamten Ostregion, das mehrere hunderttausend Flüchtlinge und mehrere zehntausend Tote forderte, führte nicht zum gewünschten Ziel, Musevenis lang gehegte Regionalmachtansprüche umzusetzen.

Vielmehr zerbrach das Bündnis zwischen dem ugandischen Ziehvater Museveni und seinem in Ruanda herrschenden Ziehsohn Kagame 1999 an den gegensätzlichen Vorstellung, den großen afrikanischen Krieg für ganz persönliche Interessen auszunutzen. Denis Tull vom Institut für Afrika-Kunde in Hamburg erläutert die Hintergründe des Zerwürfnisses: "Das Verhältnis hat sich seit 1999 stark verschlechtert. Seitdem haben die Armeen von Uganda und Ruanda drei Schlachten um die Diamantenstadt Kisangani geführt, die jeweils zugunsten der ruandischen Armee ausging." Das eine Land hat dem anderen vorgeworfen, feindliche Milizen und Rebellen zu unterstützen. "Die neuesten Entwicklungen waren dann, dass Ruanda Uganda vorwirft, die ruandischen Hutu-Extremisten, die 1994 den Genozid verübt hatten, zu unterstützen", sagt Tull. Uganda seinerseits wirft den Ruandern vor, den ehemaligen Gegenspieler Musevenis um die Präsidentschaft, Kizza Besigye (sprich: Bedschigwe), zu unterstützen.

Annäherung zwischen Uganda und Kongo

Ein zweiter wichtiger Grund für die Feindschaft zwischen Uganda und Ruanda ist die vorsichtige politische Annährung zwischen der Regierung im Kongo unter Präsident Joseph Kabila und Ugandas Präsident Yoweri Museveni. Beide sind von der internationalen Gemeinschaft als zentrale Stabilisierungsfaktoren anerkannt. Und beide haben auch Wirtschaftsinteressen im kongolesisch-ugandischen Grenzgebiet, zu dem auch die an Rohstoffen reiche Ituri-Provinz gehört.

In diesem Gebiet will das Unternehmen "Heritage Oil" Erdöl fördern, und dazu bedarf es einer Verständigung beider Seiten. Dies wiederum schwächt militärisch und politisch die Position Ruandas, das eine dauerhafte Isolierung fürchtet und aus diesen Gründen so scharf reagiert, was wiederum viele Opfer unter der Zivilbevölkerung fordert. Die Auswirkungen beschreibt Afrika-Experte Tull: "Die Annäherung zwischen Kabila und Museveni hat hier eine Isolierung Ruandas zur Folge. Und den neuen Militarismus aus Ruanda kann man auch als Reaktion auf diese Isolierung Ruandas interpretieren."