Stichwort: Der Internationale Strafgerichtshof
10. September 2013Falls eindeutig bewiesen wird, dass das Assad-Regime Giftgas gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt hat, könnte der Internationale Strafgerichtshof (International Criminal Court, ICC) den Verantwortlichen nicht ohne einen direkten Auftrag vom UN-Sicherheitsrat den Prozess machen. Denn Syrien hat den Grundvertrag für den ICC, das Römische Statut, nicht unterschrieben.
Syrien ist nicht allein im Club der Nicht-Mitglieder: Weder die USA noch Russland, die Volksrepublik China, Indien, der Iran oder Israel sind dem Abkommen über einen internationalen Strafgerichtshof beigetreten. Im Verzeichnis über die Mitgliedsstaaten sucht man genauso vergeblich Länder wie die Ukraine, Nordkorea, den Irak, Kuba, Pakistan, Saudi-Arabien und die Türkei.
Keine UN-Organisation
Auch deshalb ist der Internationale Strafgerichtshof keine UN-Institution: Es war nie möglich, innerhalb der Vereinten Nationen eine Einigung über die Gründung eines internationalen Strafgerichtshofs zu erreichen. Deshalb ist der ICC lediglich eine internationale Organisation mit heute 122 Mitgliedsstaaten, die mit den Vereinten Nationen zusammenarbeitet. Wenn Kenia seine Mitgliedschaft kündigt - dafür hat sich das kenianische Parlament Anfang September in einer Resolution ausgesprochen - wird die Mitgliederzahl demnächst auf 121 sinken.
Die vertragliche Grundlage für die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs ist im Rom-Statut von 1998 festgelegt. Nachdem seine Gründung von 60 Staaten ratifiziert wurde, nahm er am 1. Juli 2002 die Arbeit auf. Der Grundgedanke war, dass es Verbrechen gibt, die gegen völkerrechtliche Konventionen verstoßen und deshalb international geahndet werden müssen. Bei Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sollen die Täter ermittelt und vor ein internationales Gericht gestellt werden. Keine Staaten, sondern nur Personen können vor dem Gericht zur Verantwortung gezogen werden. Kein Täter kann sich auf Immunität berufen - dennoch gelten für die Zuständigkeit des Gerichtshofs enge geographische und politische Grenzen.
So darf der internationale Strafgerichtshof nicht gegen Personen aus Nicht-Mitgliedsstaaten ermitteln, es sei denn auf Antrag eines Nicht-Mitgliedes oder nach einem Beschluss des UN-Sicherheitsrates. Die Verbrechen müssen auf dem Territorium eines Mitgliedsstaates stattgefunden haben, um in die Zuständigkeit des Gerichtshofs zu fallen. Für Fälle, die von einem nationalen Gericht behandelt werden, ist das Gericht in Den Haag nicht zuständig.
Rassismus-Kritik
Bisher hat der Internationale Strafgerichtshof 18 Ermittlungsverfahren gegen Personen aus acht afrikanischen Staaten eingeleitet. Das hat dem Gericht den Vorwurf des Rassismus eingebracht - vor allem von Seiten der Afrikanischen Union. Jedoch laufen zurzeit auch Voruntersuchungen in Staaten, die nicht in Afrika liegen - unter anderem in Afghanistan, Kolumbien, Südkorea, Georgien und Honduras.
Zurzeit muss sich zum ersten Mal ein amtierender Regierungspolitiker vor dem Internationalen Strafgerichtshof wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten: Kenias Vizepräsident William Ruto.
Mittlerweile arbeiten rund 700 Mitarbeiter aus 90 Nationen beim ICC. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag wird von den Mitgliedsstaaten finanziert und außerdem noch von freiwilligen Beiträgen einzelner Regierungen, Organisationen oder auch Privatpersonen. Deutschland ist der zweitgrößte Geldgeber nach Japan.
Bundespräsident Joachim Gauck erklärte im Mai nach seinem Besuch beim Internationalen Strafgerichtshof und bei den beiden UN-Tribunalen für Jugoslawien und Ruanda in Den Haag, dass Deutschland diese internationalen Gerichtshöfe weiterhin unterstützen werde. "Die internationale Gerichtsbarkeit spielt eine unverzichtbare Rolle beim Schutz, bei der Stärkung und bei der Durchsetzung von Menschenrechten", so der Bundespräsident nach seinem Besuch in Den Haag.