Stichwort: EU-Vertrag
3. November 2009Offiziell heißt der Text, den die Vertreter der 27 EU-Mitgliedstaaten am 13. Dezember 2007 in der portugiesischen Hauptstadt unterzeichnet hatten, "Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft". Formaljuristisch ist dieser "Vertrag von Lissabon" also nur eine Modifikation des bestehenden Regelwerkes. Für EU-Skeptiker hingegen ist er so etwas wie eine zurückgewiesene Mahlzeit, die auf einem anderen Teller neu arrangiert und aufgewärmt, postwendend wieder auf den Tisch kommt.
EU-Verfassung in neuem Gewand?
Die Änderungen gegenüber dem bislang gültigen "Vertrag von Nizza" stammen nämlich Punkt für Punkt aus der ursprünglich einmal geplanten EU-Verfassung. Und die war 2005 in zwei Referenden in Frankreich und den Niederlanden schlicht durchgefallen. Wohlweislich ist deshalb im "Vertrag von Lissabon" nirgendwo mehr die Rede von "Verfassung".
Neue Kompetenzen, neue Mehrheiten
Aber inhaltlich geht es nach wie vor um sehr weitgehende Reformen: Die Kompetenzen des Europäischen Parlaments bei der Gesetzgebung und bei der Verabschiedung des EU-Haushaltes sollen erweitert werden. Geänderte Abstimmungsregeln sollen die Beschlussfassung in EU-Gremien erleichtern, der Zwang zur Einstimmigkeit wird in vielen Bereichen zugunsten von Mehrheitsentscheidungen abgeschafft. Und bei diesen Mehrheitsentscheidungen soll das Gewicht bevölkerungsreicher Staaten stärker in die Waagschale fallen als bisher.
Stabilere und schlankere Institutionen
Die Zahl der EU-Kommissare wird reduziert. Der EU-Ratspräsident soll zukünftig gewählt werden, und nicht mehr nur ein halbes Jahr, sondern zweieinhalb Jahre lang amtieren. Ein "Hoher Repräsentant für Außen- und Sicherheitspolitik" wird die EU als eine Art Außenminister vertreten. Er bekommt einen eigenen diplomatischen Dienst.
Autor: Michael Gessat
Redaktion: Anna Kuhn-Osius