Risiken und Nebenwirkungen
20. März 2007Ein Werbefilm für die geplante amerikanische Raketenabwehr würde wohl so aussehen: Eine Atomrakete macht sich weit im Osten auf ihren Weg über Europa in Richtung der Vereinigten Staaten. Tod und Zerstörung wären die Folge, wenn sie ihr Ziel erreichte. Doch das Geschoss wird von einem Radar in der tschechischen Republik erfasst. In Polen steigt daraufhin eine weitere Rakete auf, bis ins All, wo sie das anfliegende Geschoss mit großer Geschwindigkeit trifft. Schnitt. Ende des Werbespots.
Wie es dann weitergeht, wird selten behandelt. Karl von Wogau, CDU-Abgeordneter im Europäischen Parlament und Vorsitzender im Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung, mahnt: Es sei davon auszugehen, dass die Trümmer einer von Polen aus abgeschossenen Rakete über Deutschland, Frankreich oder den Benelux-Staaten niedergingen.
Rechnung mit vielen Unbekannten
Dazu müssten allerdings schon eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein, meint Sascha Lange, Militäranalyst bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Startort, anvisiertes Ziel, die Technik der eingesetzten Raketen, die Sensoren und die Datenverarbeitung des Verteidigers, die Lage der beiden Objekte beim Zusammenprall – alle diese Faktoren gelte es zu berücksichtigen.
So ergibt sich eine Rechnung mit vielen Unbekannten: Die Raketen könnten über Europa kollidieren, einige Trümmer könnten beim Eintritt in die Erdatmosphäre nicht verglühen, es könnte strahlendes Material an diesen Trümmern haften – oder auch nicht. Sicher sei nur, sagt Lange, dass die Schäden durch das Abfangen der Atomrakete deutlich geringer wären als die der geplanten Kernexplosion.
Der Sprengkopf explodiert wahrscheinlich nicht
Dass der Atomsprengkopf der getroffenen Rakete beim Zusammenprall explodiert, sei "unwahrscheinlich, aber auch nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen", erklärt Lange. Bei einer Explosion in dieser Höhe seien am Erdboden jedoch allenfalls Schäden an Elektrogeräten durch einen elektromagnetischen Puls zu befürchten.
Explodiert der Sprengkopf nicht, könne strahlendes Material den Erdboden erreichen. Wie viel Land dann wie stark verseucht würde, sei jedoch noch nicht untersucht worden, so Lange. Von biologischen oder chemischen Waffen droht nach Meinung des Analysten keine Gefahr – hier käme mit Sicherheit kein wirksamer Bestandteil am Erdboden an.