Stichwort: Koranschulen in Pakistan
21. Juli 2005Die Ausstrahlung der Deobandi-Schule als Zentrum einer neuen religiös-konservativen Lehre reichte über den indischen Subkontinent hinaus. Schüler kamen aus Zentralasien, Afghanistan und selbst aus dem Nahen Osten, um hier die so genannten "Tariqai Mohammadi" - den religiösen Pfad des Propheten Mohammed - zu studieren. Die Tradition der Deobandi-Schulen wurde in den zahlreichen Medresen des auf der Grundlage des Islam neu gegründeten Staates Pakistan fortgesetzt.
Religiöse und militärische Ausbildung
Die Zahl der Koranschulen in Pakistan nahm nach dem Einmarsch der Sowjets nach Afghanistan 1979 drastisch zu. In den Medresen bekamen die Schüler (Talibs) eine religiöse ebenso wie eine militärische Ausbildung - um als junge Mudschaheddin in den Kampf gegen die Rote Armee im Nachbarland zu ziehen. Die mächtigen Besatzer mussten 1989 ihre Niederlage eingestehen und Afghanistan verlassen. 1996 übernahmen die radikalislamischen Taliban die Macht in Kabul. Die meisten Regierungsmitglieder des Ende 2001 gestürzten Regimes waren in pakistanischen Medresen ausgebildet worden.
Radikale und moderate Schulen
Nach pakistanischen Medienberichten besuchen in Pakistan immer noch rund 1,7 Millionen Schüler nicht vom Staat regulierte Koranschulen. Analytiker in den USA gehen davon aus, dass jede zehnte der rund 14.000 Medresen militante Ideen propagiert - und dort unter den Schülern ein gigantisches Rekrutenpotenzial für Terrororganisationen herangezogen werden könnte. Allerdings verweisen Analytiker auch darauf, dass die allermeisten Koranschulen moderate Weltanschauungen predigen. Sie bieten jungen Menschen eine Chance auf Bildung in Pakistan - einem von weltweit nur zwölf Ländern, die weniger als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ins Bildungswesen investieren.
Mindestens einer der vier Selbstmordattentäter der Anschläge von London am 7. Juli 2005 soll wenige Monate zuvor eine Koranschule in Pakistan besucht haben, die angeblich von einer militanten Gruppe geführt wird. (kap)