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Stockende Friedensverhandlungen in Nahost

Kersten Knipp29. Dezember 2013

Unter Regie von US-Außenminister Kerry verhandeln Palästinenser und Israelis über einen Friedensvertrag. Dafür, dass am Ende der Verhandlungsrunde ein Ergebnis steht, spricht nur wenig.

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Israelis und Palästinenser nehmen Nahost Friedensgespräche auf, 30.7. 2013 (Foto: AFP)
Bild: AFP/Getty Images

Vier Monate haben die israelischen und die palästinensischen Unterhändler noch Zeit, sich in den im vergangenen Juli angelaufenen Friedensgesprächen zu einigen. Im April 2014 werden sie enden. Ob danach neue Gespräche aufgenommen werden, weiß derzeit niemand. US-Außenminister John Kerry, der die neue Verhandlungsrunde initiiert hat und maßgeblich an den Gesprächen beteiligt ist, will Anfang Januar 2014 erneut in die Region reisen - es wird sein zehnter Besuch in Nahost seit dem vergangenen März sein. Geplant seien Treffen mit dem israelischen Regierungschef Netanjahu in Jerusalem und mit Palästinenserpräsident Abbas in Ramallah, teilte das US-Außenministerium in Washington mit.

Für eine Einigung der beiden Gruppen spricht momentan wenig. Neuen Konfliktstoff liefern die Pläne Israels, 1400 neue Wohnungen in Siedlungen im Westjordanland zu bauen. Darüber hinaus wehren sich die Palästinenser vor allem gegen eine Forderung der Israelis: Sollte es zu einer palästinensischen Staatsgründung kommen, will Israel Truppen im Jordan-Tal stationieren, um mögliche Angriffe aus östlicher Richtung abzuwehren.

US-Außenminister John Kerry in Tel Aviv 08.11.2013
Leitet die Verhandlungen: US-Außenminister KerryBild: Reuters

Der Vorschlag findet sich auch in dem Sicherheitspaket, das US-Außenminister John Kerry vorgelegt hat. Die Palästinenser lehnen die Präsenz israelischer Truppen am Ufer des Jordans ab. Sie sehen darin eine Verletzung der Souveränität ihres künftigen Staates, sollte dieser denn gegründet werden. Aus diesem Grund hat sich auch die Arabische Liga gegen dieses Ansinnen ausgesprochen.

Der Jordan als Grenze

Im Nahostkonflikt spielt der Jordan eine zentrale Rolle. Im Arabisch-Israelischen Krieg von 1948 eroberte Jordanien weite Teile des Westjordanlandes und das östliche Jerusalem und verschob seine Grenze damit weit über den Jordan hinaus. Im Sechstagekrieg von 1967 eroberte Israel dieses Gebiet zurück. Seitdem bildet der Fluss wieder die Grenze zwischen beiden Ländern. An seinem Westufer befindet sich auf israelischem Territorium jenes Gebiet, auf dem in unbestimmter Zukunft ein palästinensischer Staat entstehen könnte.

Zwar haben Israel und Jordanien bereits im Jahr 1994 einen Friedensvertrag unterzeichnet. Doch heute fürchtet Israel vor allem Zweierlei: erstens das Einsickern extremistischer Terroristen aus Jordanien, zweitens eine mögliche Machtübernahme der auch im Westjordanland. Gegen beide Risiken will es sich durch militärische Präsenz schützen.

Der Jordan
Kleiner Fluss von großer Bedeutung: der JordanBild: cc-by:David Bjorgen-sa

"Vorsichtiger Optimismus"

Doch die Truppenpräsenz ist nur einer unter mehreren strittigen Punkten der israelisch-palästinensischen Verhandlungen. Die fänden derzeit ohnehin in indirekter Form statt, erklärte der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat in einem Interview mit der in London erscheinenden arabischen Zeitung "Al Quds al Arabi" - nämlich als palästinensisch-amerikanische und amerikanisch-israelische Gespräche.

Zu direkten Verhandlungen finden die beiden Partner momentan nicht. Entsprechend deutlich waren auch die Worte, die Erekat für die aktuelle Lage fand. Von einer Übereinkunft könne man im Moment nicht reden, erklärte er. Denn Israel fahre mit dem Siedlungsbau fort, zwinge den Palästinensern seinen Willen auf, überschreite seine Zuständigkeiten und töte Palästinenser. "Harte Tatsachen zu schaffen heißt, die Chance auf einen Friedensvertrag zu verspielen." Dennoch, erklärte Erekat weiter, schließe er erfolgreiche Verhandlungen nicht aus.

Unterdessen signalisierten auch israelische Politiker den Wunsch, die Verhandlungen nach vorne zu bringen. So erklärte einem Bericht der israelischen Zeitung "Jerusalem Post" zufolge der ehemalige Direktor des israelischen Inlands-Geheimdienstes Schin Bet, Ya'akov Peri, die derzeitigen Verhandlungen fänden in einer Atmosphäre "vorsichtigen Optimismus" statt.

Israelische Siedlung Ofra bei Ramallah, 18.7. 2013 (Foto: Reuters)
Expansiv: israelische Siedlung im WestjordanlandBild: Reuters

Gewaltausbruch nicht auszuschließen

Die meisten seiner Landsleute seien momentan nicht sonderlich optimistisch, erklärt der palästinensische Politikwissenschaftler Bassem Zubaidi im Gespräch mit der DW. Da Israel während der Verhandlungen den Siedlungsbau weiter vorantreibe, "schwindet die Wahrscheinlichkeit für ein hinreichend großes Territorium, auf dem ein palästinensischer Staat errichtet werden kann. Es gibt einfach nicht mehr ausreichend Land."

Zwar setzt auch Zubaidi auf den Friedenprozess. Doch er zweifelt daran, dass dieser absehbar zu handfesten Ergebnissen führt. Dem Friedenprozess fehle es derzeit an Kraft. So litten die Palästinenser weiter unter Armut und Arbeitslosigkeit. Allzu große Hoffnung, dass sich ihre Lage absehbar verbessern könnte, hätten sie nicht mehr. "Darum wäre ich nicht überrascht, wenn sich die Dinge in zwei, drei Jahren anders entwickelten und Gewalt ausbräche."

Hoffnungsvoller ist der israelische Ökonom Shir Hever. Immer mehr Israelis würden erkennen, dass es nicht weitergehen könne wie bisher. Diese Stimmung werde absehbar auch die israelische Regierung zur Kenntnis nehmen. "Irgendwann muss sie sich entscheiden, ob sie die Besatzung beendet und den Palästinensern ihren eigenen Staat zugesteht." Bis es soweit ist, werden sich die Palästinenser gedulden müssen. Ihr Chefunterhändler Saeb Erekat gab im Interview mit "Al Quds al Arabi" schon mal den möglichen Zeitrahmen vor. Er hält es für wenig wahrscheinlich, dass über die strittigen Punkte in den laufenden Verhandlungen Übereinkunft erzielt wird. Dazu sei ein neuer Anlauf nötig. Und um diesen zu Ende zu bringen, bräuchte es mindestens noch einmal zwölf Monate.