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Streit um Bakijew

20. Mai 2010

Bischkek verlangt von Minsk die Auslieferung Bakijews. Lukaschenko werde dem gestürzten Präsidenten aber weiter beistehen. Nicht nur Belarus habe den Umsturz in Kirgisistan als verfassungswidrig verurteilt, so Experten.

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Kurmanbek Bakijew gibt eine Pressekonferenz in Minsk (Foto: DW)
Bakijew erhebt von Minsk aus Machtanspruch in KirgisistanBild: DW

In Minsk ist ein Antrag der kirgisischen Interimsregierung auf Auslieferung des gestürzten Präsidenten Kurmanbek Bakijew eingegangen. Allerdings müssten, so Pjotr Kisseljow, Sprecher der belarussischen Generalstaatsanwalt, dem Antrag auch Unterlagen der Strafsache beigelegt werden, erst dann könnte abhängig vom Grad der Schuld des gestürzten Präsidenten über dessen Auslieferung entschieden werden.

Lukaschenko und Bakijew stehen vor Flaggen (Foto: AP)
Lukaschenko gewährt Bakijew AsylBild: AP

Der Vizepremier der kirgisischen Interimsregierung, Asimbek Beknasarow, erklärte unterdessen, wenn Minsk Bakijew nicht ausliefern werde, werde sich Bischkek an den Internationalen Gerichtshof wenden. Bakijew war Mitte April über Kasachstan nach Belarus ausgereist, nachdem ihm die kirgisische Interimsregierung die Immunität entzogen und mehrere Strafverfahren gegen ihn eingeleitet hatte.

"Umsturz war verfassungswidrig"

Dem belarussischen Politikexperten Andrej Fjodorow zufolge stehen aber die Chancen gleich Null, dass Minsk der kirgisischen Interimsregierung entgegenkommt. Aleksandr Lukaschenko habe mehrfach betont, Bakijew helfen zu wollen. Der belarussische Präsident werde auf jeden Fall sein Gesicht wahren wollen, so Fjodorow.

"Außerdem wurde auf dem letzten informellen Gipfeltreffen der Mitgliedsländer der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) in Moskau bekräftigt, wenn auch sehr vorsichtig, dass der Umsturz in Kirgisistan unrechtmäßig war", sagte der Experte. Demnach sei unwahrscheinlich, dass ein aus belarussischer Sicht "rechtmäßiger Politiker einer unrechtmäßigen Regierung" übergeben werde, erläuterte Fjodorow im Gespräch mit der Deutschen Welle.

OVKS-Treffen im 2009 in Moskau (Foto: dpa)
OVKS-Treffen in Moskau 2009Bild: picture-alliance/dpa

Der OVKS gehören Armenien, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan, Belarus und Usbekistan an. In einer gemeinsamen Erklärung haben die Länder Anfang Mai den Umsturz in Kirgisistan als verfassungswidrig bezeichnet. Russland hatte allerdings die kirgisische Interimsregierung mit Rosa Otunbajewa an der Spitze kurz nach Bakijews Sturz Anfang April anerkannt. Bakijew erhebt nach wie vor nun von Belarus aus Anspruch auf das Präsidentenamt in Kirgisistan.

Gut für Lukaschenkos Ansehen?

Auch der Politologe Aleksandr Klaskowskij meint, eine Auslieferung Bakijews sei für Lukaschenko kein Thema. "Es geht hier nicht um Solidarität unter Diktatoren, wie manche Beobachter meinen, es ist vielmehr ein Test für das Ansehen Lukaschenkos selbst", so der belarussische Experte. Wenn Lukaschenko der kirgisischen Interimsregierung nachgeben würde, würde sein Image als "starker und unbezwingbarer Führer" stark leiden, so Klaskowskij. Der Schutz, den er dem gestürzten Präsidenten biete, könnte einem Teil der belarussischen Wähler imponieren, meint der Politologe.

"Wenn aber in acht Monaten Moskau den Gaspreis anhebt und die russischen Medien verbreiten werden, man hätte die russische Führung mit dem kirgisischen Theater besser nicht ärgern sollen, dann werden die Belarussen denken, dass man sich auf ein solches Abenteuer besser nicht eingelassen hätte", sagte der Experte der Deutschen Welle. Klaskowskij zufolge könnte Lukaschenko mit dem Fall Bakijew kurzfristig sein Ansehen im Inland stärken, langfristig könnte der Fall für Belarus aber negative wirtschaftliche Folgen haben.

Autor: Andrej Alechnowitsch / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Gero Rueter