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Streit um Konjunkturpaket II

11. August 2009

Wirkt es nun oder wirkt es nicht, das von der Bundesregierung aufgelegte milliardenschwere zweite Konjunkturpaket? Angeblich werden die Gelder kaum abgerufen. Politiker und Verbände streiten sich.

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Bauarbeiter mit Presslufthammer (Foto: APTN)
Kommen die Bauaufträge zu schleppend?Bild: APTN

Die konjunkturelle Wirkung des milliardenschweren kommunalen Investitionsprogramms aus dem zweiten Konjunkturpaket wird von Regierung und Wirtschaft unterschiedlich bewertet. Die "Financial Times Deutschland" berichtete am Dienstag (11.08.2009) unter Berufung auf Regierungskreise, mit rund sechs Milliarden Euro seien bereits mehr als die Hälfte der Konjunkturmittel von rund zehn Milliarden Euro genehmigt. Das Programm nehme Fahrt auf.

Dagegen beklagt das deutsche Baugewerbe die schleppende Programm-Umsetzung. Nur ein kleiner Teil werde noch dieses Jahr umgesetzt, kritisiert der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Baugewerbes Karl Robl in der "Berliner Zeitung". "Der Konjunkturimpuls kommt also sehr spät", bemängelt auch DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann.

Die "Welt" hatte am Montag berichtet, von dem Milliardenpaket seien bislang seitens der Bundesländer insgesamt nur weniger als 200 Millionen Euro abgerufen worden. Das Blatt berief sich auf eine Umfrage bei den Finanz- und Innenministerien der Länder. Daraus folgerte das Blatt, die Erwartung, mindestens die Hälfte des Programms werde noch in diesem Jahr eingesetzt, lasse sich kaum halten.

Geld fließt erst nach Rechnungsstellung

Mann legt Füße auf den Schreibtisch (Foto: dpa)
Kommen die kommunalen Planungsbehörden mit der Arbeit nicht nach?Bild: picture-alliance/ dpa

Dagegen wies der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB die Kritik am Konjunkturpaket II und dem kommunalen Investitionsprogramm als "überzogen und unsachlich" zurück. DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki sagte der "Osnabrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe), positive Effekte seien schon jetzt für Wachstum und Beschäftigung spürbar. "Der schleppende Mittelabfluss ist dem Sachverhalt geschuldet, dass die Gelder erst nach Rechnungsstellung fließen", gab er zu bedenken.

Der Wirtschaftsforscher Gustav Adolf Horn hat vor vorschnellen Urteilen über das Kommunale Investitionsprogramm des Bundes gewarnt. Zwar sei es "ein Manko, dass dieses Konjunkturpaket relativ spät kam", doch lasse sich eine Zwischenbilanz erst zum Jahresende ziehen, sagte der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in Düsseldorf der "Passauer Neuen Presse" (Dienstagsausgabe). Der Auftragseingang der Bauindustrie zeige schon jetzt, "dass sich einiges bewegt", so Horn weiter. Die geringe Summe der tatsächlich abgeflossenen Gelder sei noch kein Kriterium, um den Erfolg des Programms zu bewerten.

Regierung: Das Paket funktioniert

Der stellvertretende Regierungssprecher Klaus Vater (Foto: dpa)
Regierungssprecher Klaus Vater: "Keine Zweifel"Bild: picture-alliance/ dpa

Die Bundesregierung sieht ihr zweites Konjunkturprogramm trotz des nur zögerlichen Mittelabflusses als wirksam an. "Ich habe überhaupt keinen Zweifel daran, dass das Paket angenommen wird, dass es funktioniert", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Klaus Vater am Montag. Gegen Ende des Jahres würde sich die Wirkung des kommunalen Investitionsprogramms mit einem Volumen von insgesamt zehn Milliarden Euro sehr viel stärker zeigen als momentan.

Die "Financial Times Deutschland" berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, die Projektvergabe laufe in einigen Ländern sogar "außergewöhnlich schnell". Mit dem Paket könnten je nach Größe zwischen 20.000 und 50.000 Investitionsprojekte in den Kommunen angestoßen werden. Das Baugewerbe beklagte, die konjunkturstützende Wirkung der Gelder sei bei seinen Firmen noch nicht angekommen. DIHK-Präsident Driftmann sagte: "Viele wirklich drängende Engpässe können mit den Mitteln des Konjunkturpakets nicht beseitigt werden, denn es fehlen die nötigen Planungskapazitäten und baureife Projekte, zum Beispiel für Bundesautobahnen, die jetzt schnell umgesetzt werden können."

Urlaubssperre für Planer?

Um den Bewilligungsstau aufzulösen, fordert der Bundesverband der Freien Berufe (BFB) unterdessen eine Urlaubssperre in allen zuständigen Planungs- und Genehmigungsbehörden von Ländern und Kommunen. Auf diese Weise könnten Projekte, die aus dem Konjunkturpaket II bezahlt werden, schneller in Angriff genommen werden, sagte BFB-Hauptgeschäftsführer Arno Metzler der "Bild"-Zeitung. "Wir brauchen mehr Tempo. An den Aufträgen hängen Arbeitsplätze und das Schicksal vieler Familien", mahnte Metzler. (we/je/rtr/afp)