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Neue Frau gegen Diskriminierung: Ferda Ataman

7. Juli 2022

Nach vier Jahren hat Deutschland wieder eine Beauftragte gegen Diskriminierung. Ferda Ataman, die Neue an der Spitze der Antidiskriminierungsstelle war umstritten. Warum die scharfe Kontroverse?

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Berlin | Ferda Ataman | Antidiskriminierungsbeauftragte
Ferda Ataman ist die neue Antidiskriminierungsbeauftragte der BundesregierungBild: Jörg Carstensen/dpa/picture alliance

Mit 376 Stimmen hat der Bundestag die neue Antidiskriminierungsbeauftrage des Bundes gewählt: die 42-jährige Publizistin Ferda Ataman. Die Wahl war knapp: Ataman brauchte mindestens 369 Ja-Stimmen, um das neue Amt bekleiden zu können. Bundesfamilienministerin Lisa Paus von den Grünen gratulierte Ataman nach ihrer Wahl.

Wochenlang hatte es eine hitzige Debatte über die Nominierung Atamans für dieses Amt gegeben. Die gebürtige Stuttgarterin hatte mit klaren Positionen für Aufsehen oder Verärgerung bei konservativeren Politikern gesorgt.

Als Vorsitzende des 2009 von ihr gegründeten Netzwerks und Vereins "Neue Deutsche Medienmacher" trat sie für mehr Präsenz von Menschen mit Migrationsgeschichte in den Medien ein, gegen Diskriminierung und für einen sensibleren Umgang mit Minderheiten.

Seit 2018 keine Leitung der Antidiskriminierungsstelle

Mehr als 40 "Beauftragte" für bestimmte Schwerpunkte hat die Ampel-Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP. Meist ist die Bestätigung im Bundestag Formsache.

Bis 2018 war Christine Lüders als Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zugleich die Beauftragte; in ihrem Stab war Ataman für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Zu Lüders' Zeiten brauchte es nur die Ernennung durch die Bundesfamilienministerin. Nach ihrem Weggang blieb die Stelle unbesetzt.

Eine Frau am Rednerpult mit der Aufschrift "Paus" spricht und gestikuliert
Gegen alle Kritik: Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sieht in Ferda Ataman genau die richtige Frau an der Spitze der AntidiskriminierungsstelleBild: Felix Zahn/photothek/picture alliance

Das Amt und die Bedeutung dieser Arbeit ist verankert in dem 2006 in Kraft getretenen und 2022 geänderten Antidiskriminierungsgesetz (ADG). Dieses Gesetz führte einst zur Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle und bei der Neufassung zur Einbindung des Bundestages.

Ferda Ataman kritisierte - und eckte an

"Hört auf zu fragen, ich bin von hier" - so betitelte Ataman ein 2019 veröffentlichtes Buch. Sie gehört zu einer selbstbewussten Generation junger Deutscher mit Migrationshintergrund. So kritisierte sie den damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mehrmals und bewertete dessen Begriffswahl "Heimatministerium" für sein Haus als "Symbolpolitik für potenziell rechte Wähler".

BdT Deutschland Kartoffelernte
Kartoffeln sind in Deutschland ein sehr beliebtes LebensmittelBild: Imago Images/Countrypixel

2020 verwendete sie in einer pointiert gehaltenen Glosse des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" die Bezeichnung "Kartoffel" für "ureinheimische" Deutsche - als Konter darauf, dass es für diverse Gruppen von Migranten sprachliche Zuordnungen gäbe. Damit eckte sie an, die Kritik brandete nach ihrer Ernennung wieder auf. Kontroversen um Diskriminierung haben einen handfesten Hintergrund: So gibt es immer wieder Berichte über diskriminierendes Verhalten deutscher Polizisten.

Ataman ging eigens in die FDP-Bundestagsfraktion, um sich in einem - wie es im Nachhinein hieß - "offenen und konstruktiven Dialog" vorzustellen. Einzelne Abgeordnete hatten angekündigt, im Parlament nicht für die designierte Beauftragte zu stimmen. Auch aus einigen migrantischen Verbänden wurden zuletzt Vorbehalte gegen sie laut.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte nun vor der Wahl der Deutschen Presse-Agentur, seine Fraktion habe Ataman zwar nicht vorgeschlagen, aber ihre Wahl empfohlen. Ataman sei "sehr streitbar", es gebe aber keine Zweifel an ihrer fachlichen Qualifikation.

CSU kritisierte Ataman als "Aktivistin"

Die schärfste inhaltliche Kritik innerhalb der bürgerlichen Parteien kommt aus der konservativen Union aus CDU und CSU, vor allem von der bayerischen CSU. Immer wieder sprechen Vertreter der bayerischen Unionspartei das Faktum an, dass Ataman nach Bekanntwerden ihrer Nominierung auf ihrem Twitter-Account tausende Tweets gelöscht habe.

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag plädierte für die Umbenennung des Amtes in "Amt für Beleidigung, Diskriminierung und Heimatverunglimpfung". Gerne bezeichnen Unions-Vertreter Ataman als "Aktivistin" - ein Begriff, der nicht genau definiert ist, in Deutschland derzeit aber gern genutzt wird, um Menschen abzuqualifizieren.

Rückhalt von Ex-CDU-Chef Armin Laschet

Dabei gab es Mitte Juni, als das Bundeskabinett die Ernennung ankündigte, auch andere Töne aus der Union. "Das hast Du wirklich verdient", so wandte sich der frühere CDU-Chef Armin Laschet auf Twitter an Ataman: "Deine jahrelange ehrenamtliche und berufliche Arbeit kannst Du jetzt optimal einsetzen für Vielfalt in unserem Land. Viel Erfolg!"

Laschet war von 2005 bis 2010 in Nordrhein-Westfalen als Landesminister für Integration zuständig und warb für eine integrative Politik. Seine Redenschreiberin wurde eine junge Deutsche mit türkischen Wurzeln: Ferda Ataman. Der Elan Laschets und sein persönliches Engagement bei dem Thema gefiel nicht jedem Unionspolitiker im Berlin. Er trat in Berlin schon mit Cem Özdemir (Bündnis 90/Grüne) bei öffentlichen Veranstaltungen auf, als FDP-Politiker noch Distanz zu den Grünen hielten.

In neuer Funktion wird Ataman nun auch Chefin von mehr als 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Antidiskriminierungsstelle - aus unterschiedlichen Lagern. Künftig ist sie mit ihrem Team eine wichtige Stimme in Debatten über die Diskriminierung von Minderheiten.