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Deutschlands Stromexporte sind für Klimaziele ein Problem

1. Februar 2018

In Deutschland jagte 2017 ein Stromrekord den anderen: Noch nie zuvor wurde so viel Ökostrom, so viel Strom insgesamt produziert und auch so viel Strom exportiert. Doch für den Klimaschutz ist das ein Problem. Warum?

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Deutschland Niederaußem RWE-Kraftwerk
Bild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Die Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien schreitet in Deutschland voran. 2017 gab es  einen neuen Rekord: Nach Angaben des Fraunhofer ISE lag der Anteil von Ökostrom an der öffentlichen Stromversorgung bei 38,5 Prozent, im Vorjahr hatte er noch bei 34 Prozent gelegen.

Doch obwohl die Stromerzeuger immer mehr Ökostrom einspeisen, sinken die CO2-Emissionen in Deutschland nicht. Sie verharren auf dem Niveau der Vorjahre und stiegen sogar leicht an. 2017 wurden nach aktuellen Angaben des Umweltbundesamt  (UBA) in Deutschland insgesamt 909,4 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre geblasen, etwas mehr als im Vorjahr (906) und auch mehr als 2009, 

Das liegt im wesentlichen an den vielen Kohlekraftwerken und besonders an denen, die klimaschädliche Braunkohle verbrennen. Zudem wurde so viel Strom wie nie zuvor von Deutschland in die Nachbarländer exportiert. Aber warum stellen diese Rekorde ein Problem dar? Und was läuft hier schief?

Infografik Strommix in Deutschland 2017 DEU
Der Anteil von Erneuerbaren Energien wächst in Deutschland. Der Stromexport aber auch.

Deutschland wurde zum größten Stromexporteur in Europa

Bis zum Jahr 2000 war der Stromaustausch zwischen Deutschland und seinen Nachbarn ausgeglichen. Im Jahresdurchschnitt wurde mit den Anrainern etwa die gleiche Menge Strom importiert wie exportiert. Der Anteil von Ökostrom war damals noch gering. Er lag in Deutschland bei sieben Prozent.

2017 sah die Lage jedoch ganz anders aus: Die Erneuerbaren Energien hatten inzwischen kräftig zugelegt und einen neuen Rekord erreicht. Zugleich wurde aber die Stromproduktion mit Braunkohle nicht und die mit Steinkohle nur mäßig reduziert.

Damit erzeugte Deutschland so viel Strom wie nie zuvor und stellte einen neuen Rekord beim Stromexport auf. Deutschland ist inzwischen mit Abstand der größte Stromexporteur Europas.

Laut den Analysen des Fraunhofer ISE schickte Deutschland 2017 neun Prozent seines verfügbaren Stroms in die Nachbarländer, insgesamt rund 50 Milliarden Kilowattstunden. Diese Menge reicht aus um ganz Portugal ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.

Nach Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende verdienten die deutschen Stromkonzerne mit dem Export rund 1,4 Milliarden Euro, so viel wie nie zuvor. 

Infografik Karte Stromtransporte Europa 2017

Warum kaufen die Nachbarn den deutschen Strom?

Strom wird an der Börse gehandelt. Stromerzeuger, die ihren Strom besonders günstig anbieten, finden immer Abnehmer und können diesen auch in die Nachbarländer verkaufen.

Besonders günstig ist Strom aus Skandinavien. Dieser wird zum großen Teil mit Wasserkraft erzeugt und wurde 2017 für durchschnittlich 2,9 Cent pro kWh an der Börse gehandelt. An zweiter Stelle steht laut Agora-Bericht der Strom aus Deutschland mit einem Durchschnittspreis von 3,4 Cent pro kWh im letzten Jahr. Über 30 Prozent teurer war dagegen der Strom aus dem Süden und Westen Europas.

"Der Preis für deutschen Strom wird an der Börse durch die Kohlekraft gesetzt", erklärt Christoph Podewils von Agora gegenüber der DW. "Steinkohle und vor allem Braunkohle sind sehr günstig, auch weil CO2 im europäischen Emissionshandel fast nichts kostet. Die großen Umweltschäden der Kohlekraft werden mit dem niedrigen CO2-Preis nicht abgedeckt."

Besonders günstig ist für die Energiekonzerne die Stromerzeugung mit Braunkohle. "Braunkohle wird ja direkt neben dem Kraftwerk gefördert und dann verbrannt, das macht sie günstig", so Podewils. Nach Berechnungen von Agora lässt sich Strom in den Braunkohlekraftwerken bereits ab 1,1 Cent pro kWh erzeugen und so entsprechend Geld verdienen. Die Stromerzeugung mit Steinkohle oder Gas sei dagegen etwa drei Mal teurer, entsprechend weniger Strom wird mit diesen Kraftwerken produziert.

Braunkohlekraftwerk Niederaußem bei Bergheim
Mit Braunkohle macht RWE guten Profit. An den Umweltkosten beteiligt sich der Konzern jedoch kaum. Bild: picture-alliance/dpa

Was heißt das für die Umwelt?

Emissionen aus der Kohlekraft schädigen die Gesundheit und das Klima. Laut Umweltbundesamt (UBA) verursacht Strom aus Braunkohle durch Klimaveränderungen und Luftverschmutzung Kosten von durchschnittlich 19,6 Cent pro kWh und aus Steinkohle noch 16,6 Cent/kWh. Diese sogenannten externen Kosten werden allerdings von den Kraftwerksbetreibern nicht bezahlt. 

Experten sehen vor allem zwei Möglichkeiten um diese Schieflage zu beenden: Der Gesetzgeber könnte die Kohleverstromung beenden oder eine Steuer erheben, die die Schäden auch abdeckt. Dreckiger Strom würde dann weniger rentabel. 

"Ziel des Stromsystems muss es aus Klimaschutzgründen immer sein, dass nach Einspeisung der Erneuerbaren der fehlende Strombedarf vorrangig mit Kraftwerken gedeckt werden, die am wenigsten CO2 emittieren", erklärt Stromsystemexperte Bruno Burger am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme. "Erst wenn alle diese Kraftwerke zusammen nicht genug Strom produzieren kommt noch die Braunkohle als Stromerzeuger hinzu“, so Burger gegenüber der DW. 

Einige Länder in Europa haben deshalb in den letzten Jahrzehnten eine CO2-Steuer eingeführt. Vorreiter waren die skandinavischen Länder, es folgten die Schweiz, Irland, Island Großbritannien und zuletzt Frankreich.

Podewils hält die CO2-Steuer auch in Deutschland für einen möglichen Weg, um die Emissionen wie gewünscht zu senken, "um jedoch die Braunkohleverstromung so aus dem Markt zu drängen, müsste der Preis recht hoch sein", gibt er zu bedenken.

Welchen Weg die deutsche Politik gehen wird, ist noch ungewiss. Die möglichen Regierungspartner CDU, CSU und SPD vereinbarten im Sondierungsgespräch "einen Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung". Bis Ende 2018 möchten sie diesen Plan erarbeiten, falls sie eine Koalition bilden. "Die Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 wollen wir so schnell wie möglich schließen", heißt es in dem Sondierungspapier. 

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion