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PolitikGlobal

Studie: Im Kampf gegen Fake News ist Zusammenarbeit nötig

13. Juni 2024

Fake News stärken gegen Demokratie gerichtete Strömungen rund um die Welt. Ein gemeinsames Vorgehen dagegen ist entscheidend, so ein Bericht der Bertelsmann-Stiftung.

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Symbolbild Desinformation Soziale Medien
Ort vieler Fake News: Soziale MedienBild: Jonathan Raa/NurPhoto/picture alliance

Um der Verbreitung von Desinformation wirksam entgegenzutreten, ist eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen, Medien und großen Tech-Unternehmen nötig. Das macht eine Analyse der gemeinnützigen deutschen Bertelsmann Stiftung deutlich.

"Wir müssen genauso professionell und koordiniert vorgehen wie diejenigen, die mit ihren Kampagnen Schaden anrichten wollen", warnt Co-Autorin Cathleen Berger im Gespräch mit der DW. Die Analyse basiert auf Gesprächen mit mehr als 100 Experten, Aktivisten und politischen Entscheidungsträgern aus über 50 Ländern, so Berger.

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Weltweit berichten Forschende von einer Zunahme falscher und irreführender Informationen im Internet, die sowohl von ausländischen als auch inländischen Akteuren gestreut werden. Diese Entwicklung habe antidemokratischen Bewegungen in Ländern wie Thailand und Äthiopien Auftrieb gegeben, warnt der Bertelsmann-Bericht. Weil sich diese Bedrohung ständig weiterentwickelt, müssten Zivilgesellschaft und Politik ihre Strategien gegen Desinformation entsprechend anpassen. "Wir müssen nicht mehr nur einzelne Vorfälle ins Visier nehmen, sondern die gesamte Industrie, die dahinter steht", sagt Berger.      

Die Grenzen von Faktenchecks

Desinformation ist kein neues Phänomen: Seit Jahrhunderten versuchen Akteure mit niederen Motiven, die öffentliche Meinung durch die Verbreitung falscher oder irreführender Narrative zu beeinflussen. In den letzten zwei Jahrzehnten hat das Problem durch das Internet und soziale Medien jedoch ein neues Ausmaß erreicht. Als Reaktion darauf haben sowohl Medien als auch Nichtregierungsorganisationen rund um die Welt verschiedene Gegeninitiativen ins Leben gerufen.

Ein Mann in Hyderabad, Indien, sieht sich die Wahlergebnisse auf seinem Mobiltelefon an.
Desinformationskampagnen treten oft rund um Wahlen auf, so die StudieBild: Noah Seelam/AFP

Vielleicht am sichtbarsten arbeiten deshalb mittlerweile unzählige Faktencheck-Teams daran, mithilfe eigener Recherchen die Richtigkeit von Behauptungen im Netz zu überprüfen, auch bei der DW. Aber so wichtig diese Bemühungen seien, so sehr seien sie kein Allheilmittel, warnt Berger: "Faktenchecks können ganz offensichtlich nicht mit der Geschwindigkeit und Dynamik mithalten, die wir bei Desinformationen im Internet beobachten. Wir können schlichtweg nicht alles überprüfen."

Eine Frage des Geldes - und von "Pre-bunking"

Deshalb seien auch neue Ansätze erforderlich, so Berger: "Wir brauchen auch Pre-Bunking." Sie bezieht sich auf eine Strategie, die nach den englischen Begriffen pre (im Vorfeld) und debunking (entlarven) benannt ist. Die Idee dahinter ist es, Menschen vor falschen Inhalten zu warnen, noch bevor sie diese online sehen, sowie ein Bewusstsein für die Verbreitung von Desinformation zu schärfen: "Es geht darum, die Menschen darin zu schulen, bestimmte Narrative zu erkennen - so dass sie bereits spüren, dass etwas falsch sein könnte, bevor das vollständig von Faktencheckern überprüft wurde."

Ein Portrait von Cathleen Berger, Mitarbeiterin der Bertelsmann-Stiftung
Mit Desinformation werden auch "riesige Mengen an Geld" gemacht, warnt Cathleen BergerBild: privat

Gleichzeitig müssten die Geschäftsmodelle hinter der Verbreitung von Fake News noch mehr ins Visier genommen werden. So sei ein ganzes Ökosystem hochprofessioneller Akteure entstanden, die mit der Verbreitung von Desinformation Geld machten. Diese generierten beispielsweise Werbeeinnahmen auf Plattformen wie denen des US-Tech-Giganten Google, dem YouTube gehört, oder Meta, dem Mutterkonzern von Instagram, Facebook und WhatsApp. "Diese Unternehmen müssen diese Art der Finanzierung von Desinformationskampagnen unterbinden", so Berger.

Die Verantwortung von Big Tech

Und die Verantwortung der großen Technologieunternehmen gehe noch weiter: "Die Firmen verweisen auf all die Dinge, die sie bereits getan haben, aber angesichts ihrer Ressourcen und ihres übergroßen Einflusses ist noch so viel mehr nötig." So sei es wichtig, dass sie Forschende und Faktenchecker noch besser mit detaillierten Informationen darüber versorgen, was genau auf ihren Plattformen passiert.

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In der Europäischen Union verpflichtet ein neues Gesetz die Unternehmen mittlerweile, solche Daten zur Forschung über die Verbreitung von Desinformation zur Verfügung zu stellen. "Dennoch stellen wir fest, dass Forschenden immer noch der Zugang zu den Daten verweigert wird", so Berger: "Und Forschende außerhalb der Europäischen Union erhalten oft überhaupt keinen Zugang." Der Bericht listet dafür Beispiele aus Thailand, Brasilien, Mexiko und Kenia auf.

Wen erreicht man wie?

Gleichzeitig werde immer deutlicher, dass im Kampf gegen Desinformation eine Reihe verschiedener Ansätze vonnöten sind - nicht zuletzt, weil die Plattformen, über die Menschen Nachrichten empfangen, sehr unterschiedlich sind: "So nutzen beispielsweise 55 Prozent der Menschen in Afrika WhatsApp, während es in Nordamerika nur sechs Prozent sind", heißt es im Bericht. Gegenmaßnahmen müssten daher immer auf die Regionen zugeschnitten sein, auf die sie abzielen.

Und dennoch sei eine grenzübergreifende Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung: "Desinformationskampagnen zielen auf Diskurse ab, die über nationale Grenzen hinweggehen." Deshalb sei es wichtig, dass Organisationen in ihrem Kampf gegen Desinformation gegenseitig Informationen austauschten, so dass sie "ihre Strategien entsprechend den Erfahrungen aus anderen Regionen anpassen können".

"Es gibt so viel Wissen da draußen und so viele großartige Ideen", fasst Cathleen Berger die Erkenntnisse des Berichts gegenüber der DW zusammen. "Wenn wir das bündeln würden, wären wir noch so viel schlagkräftiger."

 

Kommentarbild Janosch Delcker
Janosch Delcker Chefkorrespondent für Technologie