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Städtetag: Flüchtlinge sind willkommen

21. Dezember 2014

Proteste gegen Ausländer und angebliche "Islamisierung" machen Schlagzeilen. Der Deutsche Städtetag zeichnet ein anderes Bild: Er würdigt das Engagement zehntausender Bundesbürger für die Asylbewerber.

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Versorgung von Flüchtlingen durch freiwillige Helfer in Berlin (foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Was soll man von den regelmäßigen Aufmärschen in Dresden und anderen Städten gegen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge in Deutschland halten? Die Kampagne der Bewegung "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) hat in allen politischen Lagern für helle Aufregung und besorgte Appelle gesorgt. Mitten in diese Debatte platzt der Deutsche Städtetag mit einer gänzlich anderen Botschaft: Die Deutschen sind durchaus hilfsbereit. Viele Freiwillige engagieren sich tagtäglich für Asylbewerber und für die Integration.

Ulrich Maly, Präsident des Deutschen Städtetages, spricht insgesamt von einem "starken Signal". Das große Engagement der vielen Ehrenamtlichen werde bei der Integration der Flüchtlinge "sehr helfen", sagte Maly der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.). Die Neuankömmlinge unterzubringen sei aber erst der Anfang - ihre Eingliederung in die Gesellschaft sei weit schwieriger. Ämter und Sozialarbeiter könnten das nicht alleine schaffen, mahnte der Nürnberger Oberbürgermeister.

Stichproben der Zeitung in mehreren Kommunen hatten ergeben, dass mindestens sechs von zehntausend Bürgern ehrenamtlich für Flüchtlinge tätig sind. Hochgerechnet auf die 82 Millionen Einwohner Deutschlands wären das knapp 50.000 Menschen. Das seien immerhin dreimal so viele, wie in Dresden zuletzt auf die Straße gingen, merken die F.A.S.-Schreiber an. Wahrscheinlich seien es aber noch weit mehr Helfer.

Zum Beispiel Winterkleidung und Schuhe

Denn auch Wohlfahrtsverbände hätten Hotlines für Hilfswillige eingerichtet. Die meisten Ehrenamtlichen engagieren sich laut der Umfrage an einem Tag in der Woche für rund zwei Stunden. Manche, insbesondere Rentner, sind viel häufiger im Einsatz. Die Helfer sammeln zum Beispiel Winterkleidung und Schuhe, erkunden mit neuen Asylbewerbern die Stadt oder begleiten Erwachsene zu Ämtern und Ärzten. Andere helfen ihnen, ein Bankkonto zu eröffnen oder den Fahrkartenautomaten zu bedienen.

Darüber hinaus bieten Unternehmer Praktika in ihren Betrieben an. Viele Menschen spenden Möbel, Hausrat, gebrauchte Fahrräder und Fernseher. Zahlreiche Städte hätten in den vergangenen Monaten so viele Anrufe von Freiwilligen erhalten, dass sie eigens Mitarbeiter abstellen mussten, um die Hilfe zu koordinieren. Zum Teil könnten gar nicht alle Angebote abgearbeitet werden.

Die Bundesregierung hatte am Donnerstag - am internationalen Tag des Migranten - stellvertretend 600 Ehrenamtler eingeladen, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind. Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, die deutsche Gesellschaft sei offener geworden und dies werde man sich nicht zerstören lassen. Der asyl- und islamfeindlichen Bewegung "Pegida" attestierte er dumpfe Parolen und falsche Rezepte. Das sei aber "nicht die Richtung, die dieses Land nimmt".

Deutschland erwartet in diesem Jahr rund 200.000 Asylanträge - so viele wie schon lange nicht mehr. Kommunen ächzen, weil sie unter großen Anstrengungen Unterbringungen schaffen müssen.

Deutschland "in der Pflicht"

Die katholische Kirche appellierte vor Weihnachten an Humanität und "Nächstenliebe" der Bundesbürger. Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger sagte, Deutschland stehe als wohlhabendes Land "in der Pflicht". "Zumal wir im reichen Deutschland bisher nicht einmal 0,5 Prozent der Menschen aufnehmen, die weltweit auf der Flucht sind", so Burger gegenüber Deutschen Presse-Agentur. In anderen Ländern machten Flüchtlinge inzwischen mehr als 20 Prozent der Bevölkerung aus.

SC/pg (afp, KNA, dpa, F.A.S., epd)