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Sudan wirbt um Investoren

Yamila Castro19. April 2014

Gewalt und internationale Sanktionen - unter Europas Investoren gilt der Sudan als Krisenstaat. Mit Khartum Geschäfte machen wollen deshalb nur wenige. Das soll sich ändern. Besonders auf die Deutschen hofft das Land.

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Khartum Stadtansicht (Foto: Y. Castro/DW)
Bild: DW/Y. Castro

Öl, Gold, Wasser - der Sudan ist reich an Rohstoffen. Doch einen großen Teil dieses Reichtums könne sein Land nicht nutzen, beklagt Mustafa Osman Ismail, Sudans Minister für nationale Investitionen. Deshalb versucht seine Regierung, ausländische Unternehmen ins Land zu holen. Sie sollen in den Bergbau investieren, in die Landwirtschaft, das Bankenwesen. Das Potenzial und die Möglichkeiten seien groß - auch für deutsche Unternehmen, wirbt der Minister.

Doch bislang wollen nur wenige Firmen aus Deutschland im Sudan Geschäfte machen. Das Land wird immer wieder von politischen Konflikten erschüttert, etwa in den Regionen Darfur, Blauer Nil und Süd-Kordofan. Dazu kommt die Krise im benachbarten Südsudan. "Nach 20 Jahren Bürgerkrieg und wegen der Spannungen, die wir nach wie vor in einigen Teilen des Landes haben, ist die politische Situation sehr instabil. Das ist keine gute Grundlage für eine wirtschaftliche Zusammenarbeit", sagt Annette Weber, Analystin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

"Der Sudan hat ein Imageproblem"

Zudem ächzt die sudanesische Wirtschaft bis heute unter internationalen Sanktionen. 1997 verhängten die USA ein Handelsembargo gegen Khartum und froren Gelder der Regierung ein. Der Vorwurf aus Washington: Unterstützung von Terroristen, Destabilisierung der Region und Menschenrechtsverletzungen. Nach Ausbruch blutiger Kämpfe in der Region Darfur 2003 folgten weitere Sanktionen, auch der Vereinten Nationen und der Europäischen Union. Sie sind bis heute in Kraft.

Die Sanktionen verbieten es europäischen Firmen zwar nicht, im Sudan zu investieren - aber sie erschweren es. Kilian Bälz ist Wirtschaftsanwalt mit Sitz in Kairo. Seine Kanzlei Amereller hat sich auf die Beratung deutscher Unternehmen in der arabischen Welt spezialisiert und ist seit vielen Jahren auch im Sudan aktiv. Wegen der Sanktionen sei es sehr schwer, Geld in den Sudan oder aus dem Land heraus zu überweisen, berichtet Bälz. "Gleichzeitig hat der Sudan wegen der politischen Entwicklungen in den vergangenen zehn Jahren ein Imageproblem - darunter leidet auch die Wirtschaft."

Sudan Khartoum Baustelle (Foto: Y. Castro/DW)
Aufschwung? In der Hauptstadt wird viel gebautBild: DW/Y. Castro

Khartum will Europäer überzeugen

Dabei gäbe es im Sudan viele motivierte und aktive Unternehmer, sagt Berit Zierz vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. "Die Handelsbedingungen sind zwar von den politischen Ereignissen stark beeinflusst worden, aber die Wirtschaft richtet den Blick nach vorne." Inzwischen versucht der Sudan aktiv, die wirtschaftlichen Beziehungen mit europäischen Partnern auszubauen. 2013 präsentierte sich das Land auf Veranstaltungen in Deutschland, Italien und Spanien. Ende März dieses Jahres reisten Vertreter von 15 deutschen Unternehmen für eine deutsch-sudanesische Wirtschaftskonferenz nach Khartum.

Deutsch-sudanesisches Business Forum in Khartum 24.03.2014 (Foto: Y. Castro/DW)
Mehr Austausch: deutsch-sudanesisches Wirtschaftsforum im März 2014 in KhartumBild: DW/Y. Castro

An dem Treffen teilgenommen hat auch Osama Rayish. Der Chef der Firma "Africa City of Technology" mit Sitz in Sudans Hauptstadt ist auf der Suche nach deutschen Partnern in der Biogas- und Solarenergie-Branche. "Damit kennt Deutschland sich schließlich aus", sagt er. Rayish setzt große Hoffnungen in den Austausch vor Ort: "Wenn ausländische Unternehmen zu Besuch kommen, bekommen sie einen besseren Eindruck von unserem Land - einen, der über die Politik hinausgeht."

Profit auf Kosten der Menschenrechte?

Sudans Präsident Omar al-Baschir wird per Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gesucht, wegen Kriegsverbrechen, Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dennoch pflegt Deutschland offene Beziehungen mit Karthum. "Das Verfahren gegen al-Baschir ist eine Sache, Sudan als Land ist eine andere", heißt es aus Kreisen des deutschen Außenministeriums. Die deutsch-sudanesischen Beziehungen seien konstruktiv und divers. "Wir stehen in Gesprächen zu Waffenschmuggel und illegaler Einwanderung. Gleichzeitig wollen wir die wirtschaftlichen Beziehungen unserer beiden Länder intensivieren." Außerdem spiele das Land eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung des Horns von Afrika.

Wirtschaftsanwalt Bälz kann diese Einschätzung bestätigen: "Die deutsche Außenpolitik taut gegenüber dem Sudan langsam auf." Menschenrechtsaktivisten sehen das allerdings kritisch. "Im Sudan werden weiterhin politische Rechte beschnitten, besonders die Meinungs- und Versammlungsfreiheit", sagt Manar Idriss von Amnesty International. Die Regierung nutze die Nachrichten- und Geheimdienste, um willkürlich Leute festzusetzen, in denen sie eine Gefahr sehe.

Anti-Regierungsproteste im Sudan (Foto: AP)
Proteste gegen Präsident al-Baschir 2013Bild: picture alliance/AP Photo

Öffentlicher Protest wird im Keim erstickt, wie im Herbst 2013: Damals gingen tausende Sudanesen auf die Straße, um gegen eine Kürzung der Subventionen für Benzin zu demonstrieren. Die Proteste richteten sich zunehmend auch gegen das Regime von Staatschef al-Baschir. Der ließ die Demonstranten von Sicherheitskräften auseinandertreiben, es gab dutzende Tote. Die politische Gewalt und den autokratischen Führungsstil könnten Länder wie Deutschland nicht einfach ignorieren, sagen Menschenrechtler. Egal, welche wirtschaftlichen Chancen der Sudan biete.