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Symbolischer Anfang

Diana Peßler11. Februar 2004

Der Bürgerkrieg in Liberia ist seit einem halben Jahr offiziell zu Ende. Jetzt braucht das Land Perspektiven. Die internationale Gemeinschaft hat dafür über 500 Millionen US-Dollar zugesagt.

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Waffen sollen aus dem Alltag verschwindenBild: AP

Heitere Stimmung und Applaus nach der Liberia-Geberkonferenz (6.2.04) in New York. UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte einen Schlusspunkt gefordert, hinter jenem "lang andauernden Albtraum, der die Menschheit beschämt hat." Der Appell wirkte: Die internationale Gemeinschaft will über 500 Millionen US-Dollar in den Wiederaufbau Liberias stecken.

"Falls das Geld wirklich fließt, ist das ein ganz guter Anfang", meint Dr. Winfried Kühne, Afrika-Experte des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze. Das zerstörte Land könne mehr Geld zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht in die entsprechenden Kanäle zum Wiederaufbau leiten. Nach vierzehn Jahren Bürgerkrieg muss es ganz von vorn anfangen. Liberia fehlen Straßen, Krankenhäuser, Schulen. Und eine Verwaltung, die den Aufbau überhaupt organisieren kann.

Fragiler Frieden

Dabei hat der Frieden noch nicht einmal alle Regionen Liberias erreicht. Der UN-Sicherheitsrat hatte eine 15.000 Mann starke Sicherheitstruppe zugesagt. Etwa 8000 Blauhelme sind inzwischen eingetroffen. So ist zwar die liberianische Hauptstadt Monrovia befriedet. Aber der Norden und der Süden des Landes sind weiter unsicher. Vor allem an der Grenze zur Elfenbeinküste ist die Lage kriegerisch. Freischärler und Ex-Soldaten plündern Dörfer, vergewaltigen und versklaven Zivilisten.

Schule statt Schießen

"Alles wird davon abhängen, ob die Entwaffnung der einstigen Kämpfer gelingt", sagt Hans-Peter Hecking, Leiter des Afrika-Referats der Hilfsorganisation missio. Die Vereinten Nationen hatten dazu im Dezember eine Kampagne gestartet. 75 Dollar sollte jeder bekommen, der seine Waffe ablieferte. Der Andrang war groß. Am Ende fehlte schlicht das Geld, das Kriegsgerät auszulösen. Dabei haben längst nicht alle Kämpfer den Willen, ihre Waffen abzutreten. Über einen symbolische Zahl von Entwaffnungen sei man bisher nicht hinausgekommen, sagt Winfried Kühne.

Man müsse den Ex-Kriegern deshalb Perspektiven aufzeigen, sie wieder in die Gesellschaft einführen. Das gilt vor allem für die Kindersoldaten. 15.000 sollen allein im jüngsten Bürgerkrieg – zwischen 2000 und 2003 – gekämpft haben. Sie sind eine Generation von Kindern, die nie eine Schule von innen gesehen hat. Statt rechnen und schreiben, lernten sie zu schießen und morden. Diese Kinder brauchten jetzt eine Ausbildung und Arbeitsmöglichkeiten. Liberia benötige eine stabile Wirtschaft um das bieten zu können, so Hans-Peter Hecking.

Ein Marshallplan für Liberia

"Es müsste eine Art Marshallplan her", fordert Hecking. Nach dem Zweiten Weltkrieg versorgte das amerikanische Hilfsprogramm Europa mit Krediten und Rohstofflieferungen. Die Kredite halfen der europäischen Wirtschaft auf die Sprünge. Genauso kann das in Liberia geschehen. Die Ressourcen sind da. "Liberia hat Kautschuk, Wald, Diamanten und Gold", sagt Hans-Peter Hecking, "aber es muss einen finanziellen Anschub geben." Vielleicht kommen dann die Ressourcen des Landes erstmals auch der Bevölkerung zugute.

Stabilität für die ganze Region

Ein friedliches Liberia könnte die ganze Region stabilisieren – darin sind sich die Experten einig. "Liberia war das erste Land der Region, in dem die politische Situation gekippt ist. Es hätte symbolische Bedeutung wenn dort Ruhe einkehrt", meint Winfried Kühne. Liberia war ein Unruheherd für das gesamte Westafrika. Charles Taylor, früherer liberianischer Präsident hatte nicht nur Krieg im eigenen Land gestiftet, sondern auch in Sierra Leone.

Für Liberia geht mit dem Friedensprozess ein vierzehnjähriger Bürgerkrieg zu Ende. 150.000 Menschen starben. Präsident Charles Taylor emigrierte im August 2003 nach Nigeria. Während Liberia vor dem Nichts steht, genießt der liberianische Ex-Präsident ein luxuriöses Leben, dass ihm der nigerianische Staat finanziert.

Die Rebellen und Vertreter der Zivilgesellschaft einigten sich auf Gyude Bryant als Übergangspräsidenten. Der Führer der kleinen Oppositionspartei "Liberia Action Party" ist seit Mitte Oktober 2003 im Amt. Er soll Liberia bis zu den Ende 2005 geplanten Neuwahlen führen.