Syrer geht nicht weiter gegen Facebook vor
27. März 2017Er hatte bislang immer darauf bestanden, der US-Internetkonzern Facebook müsse die Falschmeldungen und Hasstiraden über ihn löschen. Schließlich gehe es auch um seine Zukunft in Deutschland und sein Studium. "Dieses Selfie darf mein Leben nicht zerstören", hatte der Syrer Anas Modamani zum Beispiel noch im Januar der "Süddeutschen Zeitung" gesagt. Nun ließ er mitteilen, dass er nicht weiter gegen Facebook klagen wolle.
"Ich möchte mich auf meine Deutschprüfungen konzentrieren", so die Erklärung des 19-Jährigen. Außerdem sei der "Prozess gefährlich für meine Familie in Syrien" und für seine Gastfamilie in Deutschland, heißt es jetzt in der Mitteilung seines bisherigen Anwalts, Chan-jo Jun. Der Würzburger IT-Anwalt hatte den in Berlin lebenden Modamani bei dessen Verfahren gegen Facebook vertreten.
Anfang März war der Syrer mit dem Versuch einer einstweiligen Verfügung gegen das Soziale Netzwerk gescheitert. Facebook habe sich die Verleumdungen von Dritten nicht zu Eigen gemacht und könne deshalb nicht zu einer Unterlassung gezwungen werden, so das Urteil des Landgerichts Würzburg.
Prozessieren zu teuer
Der Verzicht auf eine Berufungsverhandlung hat auch finanzielle Gründe. Über die Prozesskostenhilfe hat der Flüchtling lediglich die Kosten des Gerichts und für seinen Rechtsvertreter ersetzt bekommen. Die Kosten der Gegenseite muss er aber selber tragen. Und für die Facebook-Anwälte fehle ihm schlicht das Geld, so sein Kommentar. "Obwohl mir einige Menschen Spenden geschickt haben, werde ich noch viele Monate arbeiten müssen, bis ich das Geld zusammen habe", sagte der Syrer.
Am Montag kam von Facebook allerdings die Verlautbarung, das Unternehmen wolle auf die Erstattung der Gerichtskosten verzichten. Man habe nie die Absicht gehabt, "Herrn Modamani Kosten aufzuerlegen", so ein Sprecher.
Zu dem Rechtsstreit war es gekommen, weil Modamani zum Beispiel auf Fotomontagen, die ihn zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigen, als "Terrorist" und "Attentäter" verleumdet wird. Verwendet wird dabei ein Foto, das ihn beim Aufnehmen eines Selfies mit Merkel zeigt (vgl. Artikelbild). Der rechtswidrige Beitrag wurde hundertfach geteilt. Der Syrer forderte deshalb von Facebook, nicht nur das Originalbild, sondern auch alle Duplikate zu löschen.
Der junge Mann und auch seine Unterstützer hatten nach eigenen Angaben in der Vergangenheit zudem Bedrohungen von unbekannten Tätern erhalten, die verhindern wollten, dass der Syrer gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt.
Warten auf deutschen Gesetzgeber
Die Bilder sind laut Anwalt Jun weiterhin online und auch aus Deutschland ohne weiteres abrufbar. Sein Mandant könne jetzt nur darauf hoffen, dass der Gesetzesentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas gegen Fake News und Hasskriminalität im Internet schnell umgesetzt werde, erklärte er. Das sei seine einzige Chance, dass die Bilder verschwinden, nachdem Facebook die Löschung weiterhin ablehne.
SC/ww (KNA, epd, APE, dpa)