Südossetien sagt Referendum zu Russland-Beitritt ab
31. Mai 2022Der neue Anführer der pro-russischen Enklave Südossetien, Alan Gaglojew, hat die Referendums-Pläne seines Vorgängers aufgehoben. In einem Dekret betonte er die "Unsicherheit über die rechtlichen Konsequenzen" einer Volksbefragung.
Es sei nicht zulässig, per Volksabstimmung einseitig über Themen zu entscheiden, die die "legitimen Rechte und Interessen der Russischen Föderation" beträfen, hieß es darin weiter. Stattdessen kündigte Gaglojew Gespräche mit Moskau über die "weitere Integration" Südossetiens an. Ein Referendum hält er zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht, grundsätzlich ist er für einen Russland-Beitritt der Region.
Bibilow verliert die Wahl gegen Gaglojew
Gaglojews Vorgänger Anatoli Bibilow hatte vor rund zwei Wochen per Dekret eine Volksbefragung über einen Beitritt Südossetiens zu Russland angesetzt und betont, dies entspreche dem "historischen Streben" der Menschen in der Region. Bibilow hatte jedoch die anschließende "Präsidentenwahl" gegen Gaglojew verloren. Russland erwartete von diesem, die "Kontinuität" der Beziehungen zu gewährleisten.
In Moskau galt das geplante Referendum angesichts des mit dem eigenen Angriffskrieg in der Ukraine verbundenen internationalen Drucks als unzeitgemäß. Entsprechend skeptisch äußerten sich russische Politiker und Diplomaten.
Abchasien will keinen Beitritt zur russischen Föderation
Die nur 50.000 Einwohner zählende Region Südossetien hatte sich Anfang der 1990er Jahre in einem blutigen Bürgerkrieg von Georgien losgelöst. 2008 hatte Russland nach einem kurzen Krieg mit Georgien die Unabhängigkeit Südossetiens und der Schwarzmeerregion Abchasien anerkannt. Beide Gebiete sind politisch, finanziell, wirtschaftlich und militärisch stark abhängig von Russland. Abchasien hatte betont, keine Aufnahme in die Russische Föderation anzustreben.
Georgien ist entschieden gegen einen Russland-Beitritt der abtrünnigen Region. Damit befindet sich das Land in einer ähnlichen Situation wie die Ukraine, wo Moskau vor Beginn des Krieges ebenfalls die Unabhängigkeit der pro-russischen Separatistenregionen im Osten des Landes anerkannt hatte.
Den Haag will Haftbefehle wegen Kriegsverbrechen
Im März hatte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Karim Khan, Haftbefehle gegen drei derzeitige und ehemalige südossetische Anführer im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen gegen ethnische Georgier gefordert. Zu den Vorwürfen gehören Folter, illegale Inhaftierung, Geiselnahme und die Deportation von Menschen - ähnliche Vorwürfe erhebt derzeit auch Kiew gegen Moskau und dessen Verbündete.
nob/se (afp, dpa)