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Türkisches Fernsehen zeigt Böhmermann "wo der Hammer hängt"

Julius Schmitt12. April 2016

Ein türkischer Reporter will in der ZDF-Zentrale herausfinden, wie es um die Pressefreiheit in Deutschland steht. Doch das ZDF will ihn nicht empfangen. Für ihn ist das der Beweis für die Unfreiheit der Presse.

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Videostill aus Youtube-Video 'Erdomann vs. Böhmermann' (Foto: Youtube/Yazma Bozma)
Bild: Youtube/Yazma Bozma

Böhmermanns so genanntes "Schmähgedicht" hat in Deutschland eine Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen von Satire ausgelöst. Auch in der Türkei ist das Gedicht wahrgenommen worden. Ein Reporter des türkischen TV-Senders A-Haber hatte vor laufender Kamera versucht die ZDF-Zentrale zu betreten. Es wurde ihm nicht gestattet, was in seinen Augen den schlechten Zustand der Pressefreiheit in Deutschland belege. "Das ZDF hat die Türkei beleidigt. 'Yaz Boz' hat ihm gezeigt, wo der Hammer hängt." Mit dieser Ansage beginnt der Beitrag, in dem der Moderator Mevlüt Yüksel, die "Grenze der Pressefreiheit in Deutschland" testen möchte.

"Yaz Boz" ist ein Magazin, das samstags Abends im Nachrichtensender A-Haber läuft und am laufenden Band Verschwörungstheorien präsentiert. Diese sind meist an den Haaren herbeigezogen, so dass auch viele Türken darüber nur lachen können. Gleichzeitig gibt es ebenso viele, die die vermeintlichen Nachrichten für bare Münze nehmen.

Viel Dramatik, wo eigentlich Langeweile herrscht

In dem Clip, der am schon am vergangenen Wochenende auf dem regierungsnahen Sender A-Haber ausgestrahlt wurde, versucht Yüksel auf das ZDF-Gelände in Mainz zu gelangen. Allerdings wird er von dem Sicherheitsdienst abgewiesen, da der Besuch laut ZDF unangekündigt gewesen sei. Das ist für Yüksel der Beweis, dass das ZDF sich von seiner Berichterstattung gestört fühlt. Trotzdem will er seine "Arbeit hier tun und zu Ende bringen" und stützt sich in seiner Argumentation auf die Pressefreiheit.

Der gesamte Beitrag ist mit spannungsgeladener Musik unterlegt. Die aber ist viel dramatischer, als das dazugehörige Bildmaterial. Schließlich filmt das türkische Fernsehteam nur einen aufgebrachten Reporter und zwei Männer im Anzug, die sich offensichtlich sachlich unterhalten. Yüksel erklärt, es seien Verantwortliche vom ZDF - was so nicht stimmt.

Das ZDF erklärte, dass es sich in dem Video um den Unternehmenssprecher Alexander Stock und den Dolmetscher des türkischen Kollegen handele. Dass der ZDF-Mann gelegentlich seine Hände in die Hosentasche steckt, findet Yüksel unmöglich. Seine Zuschauer fragt er empört: "Benimmt man sich so gegenüber einem Gast?" Auch die Beschreibung des Mannes mutet seltsam an. "Er zittert regelrecht vor Zorn", sagt der türkische Moderator über den Pressesprecher. Vielleicht muss er das betonen, weil der Fernsehzuschauer auch bei genauem Hinschauen, nicht erkennen kann, dass in der Szene jemand zittert oder dem ZDF-Vertreter die Zornesröte ins Gesicht steigt. Einzig Yüksel scheint sich in Rage zu reden.

Gute Satire - wenn es eine wäre

Es stellt sich die Frage, ob dieser Beitrag ernst gemeint ist oder eine Satire. Darüber wird auch im Netz diskutiert. So schreibt der Youtube-User saschay23k: "Wow! Die Türken können Satire fast noch besser als Böhmermann. Respekt! Peinlich wäre es allerdings, wenn das ernst gemeint wäre. Was? Ist ernst gemeint? Oh... Peinlich." Doch der Film ist wohl ernst gemeint - auch wenn er so bizarr wirkt. Zu unwahrscheinlich ist die Vorstellung, dass ein Sender, der zur Erdogan-nahen Mediengruppe Turkuvaz gehört, eine solche Satire zulassen und verantworten würde.

js/rey (zdf/dpa/welt)