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Taiwans Pläne im Inselstreit

Sebastian Hambach | Bihui Chiu aus Taipeh3. August 2015

Taiwan ist im Südchinesischen Meer zwischen allen Fronten. Das Land setzt auf Deeskalation und Präsident Ma fordert eine Friedensinitative.

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Taiping Dao
Bild: picture alliance/CPA Media

Mehr als 100 Schiffe der chinesische Volksbefreiungsarmee kreuzten in den vergangenen Tagen durch das Südchinesische Meer. In insgesamt fünf Gefechtsübungen wurde scharf geschossen. Die siebentägige Militärübung (27.07. bis 02.08.) sollte die Schlagkraft der chinesischen Marine unter Beweis stellen. Damit stehen in der umstrittenen Region möglicherweise neue Turbulenzen an. Zuvor hatte China mit dem Bau von künstlichen Inseln Proteste bei den Anrainerstaaten ausgelöst. Befürchtet werden von Seiten der USA eine Beeinträchtigung der freien Handelsrouten.

Angesichts der zunehmenden Spannungen im Südchinesischen Meer haben die Philippinen 2012 entschieden, den ehemaligen US-Marinestützpunkt Subic Bay wieder für die USA zugänglich zu machen. Manila hat die Auseinandersetzung außerdem vor den Internationalen Schiedgerichtshof in Den Haag gebracht. Es ist noch nicht entscheiden, ob der Gerichtshof das Verfahren übernehmen wird.

Im Gegensatz zum Vorgehen Chinas, den Philippinen oder Vienams hat das Vorgehen Taiwans international kaum Reaktionen ausgelöst, obwohl auch Taiwan Anspruch auf die Inselgruppe erhebt. Tatsächlich decken sich die territorialen Ansprüche der Republik China (Taiwan) mit denen der Volksrepublik China.

Karte Südchinesisches Meer Besitzanspruch China Deutsch
Taiwan und China erheben gleiche Ansprüche im Südchinesischen Meer. Die umstrittene Neun-Striche-Linie wurde zuerst von den Nationalchinesen auf Taiwan formuliert.

Taiwans Friedensinitiative

Im Inselstreit will Taiwan auf eine konstruktive und friedliche Lösung des Problems setzen. Taiwans Präsident Ma Ying-jeou hat am 26. Mai 2015 eine Friedensinitiative vorgeschlagen. Ma rief alle Länder auf, die Ansprüche auf die Inselgruppe erheben, darunter Brunei, Malaysia, die Philippinen, Vietnam, und die Volksrepublik China, die territorialen Streitigkeiten beizulegen und stattdessen die natürlichen Bodenschätze gemeinsam zu erschließen. Auf diese Weise soll eine Eskalation im Streit um die Zugehörigkeit der Inselgruppe verhindert werden und die Region auch zukünftig frei passierbar bleiben.

Die internationale Gemeinschaft schenkte der Initiative des Präsidenten kaum Beachtung, ein Problem, dem sich Taiwan oft gegenüber sieht. Der Inselstaat, dessen offizielle Bezeichnung Republik China (ROC) lautet, wird in der Welt nur von 22 Ländern als souveräner Staat anerkannt. Zumeist handelt es sich um kleinere Staaten in Mittel- oder Südamerika, Afrika sowie im Pazifikraum. Darüber hinaus hält Peking an seinem Anspruch fest, dass Taiwan ein Teil des Territoriums der Volksrepublik China sei. Es ist ironisch, aber die Volksrepublik China zählt zu den wenigen Ländern in der Welt, die Taiwans Anspruch auf die Inselgruppe im Südchinesischen Meer unterstützten. Pekings Logik ist einfach: die Spratly-Inselgruppe gehört zu Taiwan, Taiwan gehört zu China, also gehört die Inselgruppe zu China.

Anspruch und Realität

Tatsächlich steht die größte natürliche Insel des Archipels, Itu Aba (in Taiwan: Taiping-Insel), seit 1947 unter der Verwaltung der Republik China. Der Politologe Tsai Wei von Taiwans Chinese Culture University, der vor Kurzem die Insel besucht hatte, wies gegenüber der DW darauf hin, dass die damalige ROC-Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg Kampfschiffe in das Südchinesische Meer geschickt und dort sogar ein Monument errichtet hatte, um den eigenen Besitzanspruch zu unterstreichen. Damit habe die Republik China zugleich offiziell ihre Souveränität über die gesamte Inselgruppe erklärt, so Tsai. Jedoch sind Taiwans Darstellungen umstritten.

Ma Ying-jeou Präsident Taiwan Archiv März 2014
Taiwans Präsident Ma spricht von einer FriedensinitiativeBild: Reuters/M. Lin

Die 1949 gegründete Volksrepublik China nimmt dagegen für sich in Anspruch, mit der Vertreibung der ROC-Regierung nach Taiwan auch sämtliche Territorialansprüche der Vorgängerregierung geerbt zu haben. Diese Behauptung lehnt Taiwans Regierung kategorisch ab.

Die Insel hat heute eine eigene Postleitzahl und einen Militärstützpunkt, ist der Stadtregierung von Taiwans zweitgrößter Metropole Kaohsiung unterstellt, die allerdings 1.600 Kilometer weit entfernt ist.

USA gegen China

Yang Zhiheng, Politologe von der Furen Universität in Taipeh, sagte gegenüber der DW, dass das Kernproblem in dieser Region eigentlich ein Machtkampf zwischen der alten Weltmacht USA und der aufstrebenden Weltmacht China sei. Auch Tsai vertritt diese Meinung und wies darauf hin, dass die USA in dem Inselstreit offensichtlich auf derselben Seite stehen wie die Philippinen und Vietnam.

Yang geht jedoch davon aus, dass es trotz der zunehmenden Spannungen zu keiner militärischen Auseinandersetzung in dieser Region kommen wird, da kein einziges der beteiligten Länder einen Kriegsausbruch wünscht. Der beste Ausweg seien politische Verhandlungen, so Yang.

Neuer Vorschlag zur Entwicklung

Diese politischen Verhandlungen scheint Taiwan voranzutreiben. Auf der knapp 50 Hektar großen Insel Itu Aba, die einzige in der Region auf der die Wasserversorgung über das Grundwasser möglich ist, gibt es keine zivile Bevölkerung. Derzeit leben dort nur rund 100 Mitglieder von Taiwans Küstenwache und einige Forscher. Die Insel verfügt darüber hinaus über eine Start- und Landebahn sowie eine Anlagestelle. Zudem gibt es dort eine Wettermessstation, ein Krankenhaus sowie eine Satteliten- und Radarstation.

Philippinen durchbrechen Chinas Blockaden Spratly Islands
Regelmäßig kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen der Küstenwache der Volksrepublik China und den PhilippinenBild: JAY DIRECTO/AFP/Getty Images

Das Krankenhaus wurde inzwischen ausgebaut. Hier sollen einmal Ärzte und Pflegpersonal permanent im Dienst sein. Den in der Umgebung tätigen Fischern soll während der tropischen Wirbelstürmen auf Taiping Schutz gewährt werden. Zudem können sie sich bei Verletzungen in dem Krankenhaus behandeln lassen. Seit 2011 wurden zahlreiche Solarpanels auf der Insel installiert, um die Eigenversorgung mit Strom sicherzustellen. Taiwans Regierung schließt auch die Öffnung der Insel für Touristen nicht aus und begrüßt internationale Forschungsprojekte.

Laut Tsai kann sich Taiwan aufgrund seines begrenzten internationalen Spielraums nicht wie die Philippinen oder Vietnam an internationale Organisationen wenden oder versuchen, andere Länder auf seine Seite zu ziehen. Der beste Ausweg für Taiwan aus dem Dilemma sei es, weiter friedliche Lösungen zu dieser Problematik anzubieten. Dabei sei es wichtig, dass Taiwan mit seinen Vorschlägen "weder die USA noch China kränke".